Erneut höhere Prämien erwartet Autoversicherungen werden 2024 nochmal teurer
Autobesitzer in Deutschland müssen nach Ansicht der Rückversicherer noch über Jahre mit deutlich steigenden Versicherungsprämien rechnen. Grund dafür ist vor allem die weiter hohe Inflation.
Die deutschen Autofahrerinnen und Autofahrer müssen sich im kommenden Jahr nach den Erwartungen der Rückversicherer nochmals auf höhere Versicherungsprämien einstellen. "Stark überdurchschnittlich steigende Ersatzteil- und Reparaturkosten sowie gestiegene Schadenfrequenzen führen zu massiven Verlusten und belasten die Profitabilität der Kraftfahrt-Versicherer weiterhin stark", sagte der Vorstandschef der Hannover-Rück-Deutschland-Tochter E+S Rück, Michael Pickel.
Steigende Preise in der Kfz-Versicherung seien daher "unausweichlich, um aus der Verlustzone zu kommen und das Geschäft langfristig wieder profitabel aufzustellen". Das sei aber nicht innerhalb eines Jahres zu schaffen. Auf einen Schlag dürfte es nicht gelingen: Pickel rechnet daher mit einer "schrittweisen Entwicklung".
Verhandlungen über neue Konditionen
E+S Rück ist einer der wichtigsten Rückversicherer für die Auto-Sparte und hat dadurch einen guten Einblick in die Konditionen der deutschen Kfz-Erstversicherer wie Huk Coburg und Allianz. Seit gestern verhandeln Versicherer und Makler mit den Rückversicherern in Baden-Baden über die Erneuerung ihrer Verträge zum 1. Januar 2024, vor allem für den deutschen Markt. Die Haftpflicht- und Kasko-Versicherung für Autos ist die größte Sparte der Schaden- und Unfallversicherung in Deutschland.
Die Inflation - vor allem bei Werkstatt- und Krankenhauskosten - sorgt dort für teurere Schäden, die die Versicherer in die roten Zahlen treiben. Nach Einschätzung der Hannover Rück dürften die Kfz-Versicherer im laufenden Jahr 2,9 Milliarden Euro mehr für Schäden, Verwaltung und Vertrieb ausgeben, als sie an Beiträgen einnehmen. 2024 dürften sich die durchschnittlichen Schäden dann noch weiter verteuern, sodass das Minus trotz der Prämienerhöhungen nur leicht sinkt.
Denn der Wettbewerb in der Branche verhindere, dass die Preise stärker steigen, erklärte Pickel. "Die bisherigen Tarifanpassungen erzielen nicht die gewünschten Effekte." Daher wolle die E+S Rück in der Schaden-Rückversicherung von den Versichern mehr Geld verlangen und bessere Konditionen aushandeln. "Damit wir unseren Kunden auch zukünftig die bestmögliche Rückversicherungskapazität anbieten können, sind adäquate Preise unumgänglich." Notwendig seien Prämienerhöhungen im zweistelligen Prozentbereich, schreibt die Hannover Rück in ihrer Präsentation.
Auch andere Versicherungen werden wohl teurer
Preiserhöhungen im Rückversicherungsgeschäft bekommen Verbraucherinnen und Verbraucher zwar nicht direkt zu spüren, doch sind die Erstversicherer naturgemäß bestrebt, höhere Kosten an die Kunden weiterzugeben. Die Vergleichsportale Verivox und Check24 hatten in den vergangenen Tagen bereits über Prämienerhöhungen von bis zu 16 Prozent berichtet - je nachdem, ob es um Kfz-Haftpflicht, Teilkasko oder Vollkasko geht.
Die Portale betrachten allerdings nur die Tarife für Neukunden und Wechsler. Die Hannover Rück berücksichtigt auch die Tarife für Kunden, die ihrem Versicherer treu bleiben. In der Vergangenheit hatten viele Kfz-Versicherer vor allem bei ihren Bestandskunden an der Preisschraube gedreht und Neukunden oft mit vergleichsweise günstigen Konditionen gelockt.
Auch abseits des Kfz-Geschäfts rechnet die Hannover Rück hierzulande mit weiter steigenden Preisen für den Rückversicherungsschutz. "Wir müssen davon ausgehen, dass der langjährige Trend zu höheren Schadenleistungen weiter anhält", sagte Pickel. Etwa die Frage nach der Absicherung der Folgen von Extremwetter wie Starkregen, Überschwemmung, Sturm und Hagel bleibe auch in Deutschland hochaktuell. Sie betreffe private Haushalte, Gewerbe und Industrie gleichermaßen.
Auch Streiks, Krawalle und Unruhen ein Faktor
Ähnlich hatten sich in der vergangenen Woche bereits die Münchener Rück und Swiss Re geäußert. Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re wolle bei den Preisverhandlungen mit den Erstversicherern etwa die Teuerung als "wesentlichen Faktor" berücksichtigen, hieß es vom Unternehmen. Neben der allgemeinen Inflation müssten Erst- und Rückversicherer auch "segmentspezifische Inflationsfaktoren" wie höhere Preise für Ersatzteile berücksichtigen. Ein zweiter Preistreiber sind demnach Naturkatastrophen.
In diesem Jahr hat es in Europa nach Zählung der Munich Re mindestens sieben Naturkatastrophen mit versicherten Schäden von jeweils mehr als einer Milliarde Euro gegeben. "Auf globaler Ebene sehen wir in der vergangenen Dekade einen klaren Trend zu steigenden Schäden aus wetterbedingten Ereignissen", sagte die für Europa zuständige Vorständin Clarisse Kopff. "Das gilt nicht nur für die Zahl, sondern auch für die Schwere der einzelnen Naturkatastrophen."
Es gebe aber nicht nur einen Anstieg bei großen Naturgefahren wie Hurrikans, sondern auch bei den sogenannten Sekundärgefahren, also Gewitter, Überschwemmungen und Waldbrände, sagte die Managerin. "Der Trend beschleunigt sich noch." Potenziell sehr teuer können demnach auch die Folgen politischer und wirtschaftlicher Unzufriedenheit werden. "Zusätzlich zu den geopolitischen Konflikten sehen wir ein höheres Maß an gesellschaftlichen Auseinandersetzungen, also Streiks, Krawalle, und innere Unruhen", so Kopff.