EU-Finanzministertreffen Digitalsteuer mit Verfallsklausel?
Die EU-Finanzminister diskutieren weiter darüber, wie sie Digitalkonzerne wie Google und Facebook stärker besteuern können. Die Idee stößt vor allem in zwei Staaten noch auf Skepsis.
Gemeinsame Samstagsdienste sind nicht unbedingt beliebt bei den EU-Finanzministern. "Aber diesmal musste es sein", verriet ein EU-Diplomat. Österreich - derzeit mit dem EU-Ratsvorsitz betraut - machte Druck. Aber auch die EU-Kommission hat es eilig.
Noch bis zum Jahresende soll der Euroraum gegen weltwirtschaftliches Unheil krisenfest gemacht werden. Mit Blick auf mögliche weltweite Kreditblasen und den amerikanischen Handelsstreit mit China und Europa heißt die Devise: in guten Zeiten vorsorgen. Schlechte Zeiten könnten bald wieder kommen.
EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici legte erstmals einen konkreten Vorschlag für eine Digitalsteuer auf den Tisch.
Moscovici schlägt drei Prozent Ertragssteuer vor
Und dann geht es noch um ein anderes großes Thema, das vor allem der EU-Kommission unter den Nägeln brennt: Google, Facebook und Co. sollen in Europa mehr Steuern zahlen, "etwas beitragen zur staatlichen Daseinsvorsorge" wie andere Unternehmen auch. Das fordert Österreichs Finanzminister Hartwig Löger genauso wie die EU-Kommission.
Pierre Moscovici, EU-Wirtschafts- und Währungskommissar aus Frankreich, hatte dazu einen präzisen Vorschlag gemacht: Digitale Großunternehmen sollten zumindest drei Prozent Ertragssteuer in Europa bezahlen. Bedingungen: ein Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro und ein Online-Umsatz von 50 Millionen Euro in Europa. Dies ist vor allem auf Google und Facebook zugeschnitten.
"Es geht um Gerechtigkeit"
Langfristig will die Kommission außerdem die Körperschaftsregeln ändern, um ausländische Firmen besteuern zu können. "Jetzt liegt ein Vorschlag auf dem Tisch", erklärte Moscovici, "Traditionelle Wirtschaftsunternehmen zahlen mehr als 20 Prozent Steuern, Digitalkonzerne nicht einmal halb so viel. Es geht um Gerechtigkeit - mit einer neuen Digitalsteuer."
Die gegenwärtige Steuerpraxis sei "unfair und nicht effizient", kritisiert auch Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire. Gleichwohl ist die Digitalsteuer umstritten. Trotzdem soll bis zum Jahresende eine Entscheidung her.
Irland und Luxemburg zögern noch
Das Problem ist, dass Irland, wo etwa Facebook seinen Europasitz hat, und Luxemburg noch zögern. Sie wollen warten, bis es vielleicht eine globale Lösung für mehr Steuergerechtigkeit gibt. Eine europäische Digitalsteuer könne die Wettbewerbsfähigkeit der EU gefährden, heißt es. Irland hat derzeit noch besonders günstige Standortbedingungen für Facebook.
Es könnte aber einen Kompromiss geben. Eine Idee, um doch noch weiterzukommen, kommt aus Frankreich: eine EU-eigene Digitalsteuer mit Verfallsklausel. Sie könnte wieder abgeschafft werden, wenn globale Lösungen beschlossen werden, zum Beispiel von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
Die Frage sei kompliziert, sagt Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Die Debatte darüber ist für ihn trotzdem wichtig. Denn heute leisteten vor allem die amerikanischen Digitalriesen keinen echten Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens, weder in Europa noch in den Vereinigten Staaten. Es sei gut, sagt Scholz, das Thema anzugehen - in Europa, aber auch weltweit.