Schild einer Polizeiwache
Hintergrund

Klare Regeln für Beamte Wann die Polizei Datenbanken abfragen darf

Stand: 14.07.2020 15:48 Uhr

Im Fall rechter Drohmails führen die Spuren zu Polizeicomputern in Hessen. Dabei gibt es klare Regeln, wie, wann und warum Polizisten auf die Datenbanken der Sicherheitsbehörden zugreifen dürfen.

Von der bedrohten Berliner Kabarettistin Idil Baydar wurden persönliche Daten aus einem hessischen Polizeicomputer abgerufen. Acht Morddrohungen bekam sie. Der Täter hatte dabei persönliche Daten von ihr und ihrer Familie genutzt.

Auch im Fall der Frankfurter Rechstanwältin Basay-Yildiz führt die Spur zu einem Polizeirechner in Frankfurt. Die Juristin vertrat Nebenkläger im NSU-Prozess. Die Drohschreiben an die Anwältin waren wie - auch die Morddrohungen an die hessische Fraktionschefin der Linken, Janine Wissler - mit "NSU 2.0" gekennzeichnet. Persönliche Daten waren auch im Fall Wissler von einem Polizeicomputer abgerufen worden - diesmal aus der Landeshaupstadt Wiesbaden.

"Dienstlicher Grund"

Wer die Daten abgerufen hat, lässt sich bislang ebenso wenig klären wie die Frage, wer hinter den Droh-Mails steckt. Dabei gibt es klare Regeln, wann und unter welchen Umständen Polizeibeamte in den Datenbanken der Sicherheitsbehörden stöbern dürfen. "Die erneute Abfrage von personenbezogenen Daten ohne dienstlichen Grund in einer hessischen Polizeidienststelle ist ein schweres Fehlverhalten, das dienstrechliche und gegenfalls auch strafrechtliche Folgen haben muss", erklärt die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Eva Goldbach. "Wer von Polizeicomputern Daten abfragt, muss zweifelsfrei identifizierbar sein, er muss einen dienstlichen Grund haben und er muss am Ende die Verantwortung für die Abfrage tragen."

Die Polizei handelt dabei auf der Rechtsgrundlage des Strafgesetzbuches, der Strafprozessordnung und der einzelnen Landesgesetze über die öffentliche Sicherheit, unter die auch das Polizeirecht fällt. Eine Polizeibehörde darf Daten aus polizeilichen Informationssystemen grundsätzlich nur dann nutzen, soweit dies "zur Wahrnehmung ihrer polizeilichen Aufgaben" erforderlich ist.

"Für Privatzwecke" ist nicht erlaubt

Die Möglichkeit, Daten abzugleichen, ist für die Polizei aber großzügig gestaltet. Nur Datenabgleiche, die keinen Bezug zur "sachlichen Zuständigkeit" der Polizei haben, sind gesetzeswidrig. Datenrecherchen, die für die Strafverfolgung, für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten oder zur Gefahrenabwehr erforderlich sind, sind vom Gesetz legitimiert.

Für "Privatzwecke" darf kein Polizist und keine Polizistin die Datenbanken der Sicherheitsbehörden absuchen. In einem grundlegenden Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes nach einer unzulässigen Datenabfrage durch einen Polizeibeamten heißt es: "Es bedarf einer erhöhten Sorgfalt, die Daten nicht unberechtigt außerhalb polizeilicher Zwecke zu nutzen".

Passwörter sollen Missbrauch verhindern

Wenn von "erhöhter Sorgfalt" die Rede ist, bedeutet das auch die Pflicht der Polizei, Sicherheitsmechanismen für die Abfragen an den Dienstcomputern einzuführen. Auch in Hessen wird das mit Passwörtern umgesetzt - dem vernehmen nach aber nicht immer so, dass Missbrauch verhindert werden kann.

Klar ist: Auch im Fall der hessischen Linken-Fraktionchefin Wissler wurden privaten Informationen ohne dienstlichen Grund von einem Polizeirechner abgefragt. Zum Stand der Ermittlungen gibt es keine offiziellen Informationen. Dem Vernehmen nach wurde ein Beamter aus Wiesbaden ermittelt. Mit seiner persönlichen Kennung soll im Februar unter anderem Wisslers Privatadresse und Handynummer aus einem amtlichen Verzeichnis abgerufen worden sein. Der Polizist soll die Abfrage aber bestritten haben. Etwas anderes sei in diesem Fall nicht nachzuweisen.

Ermittelt wurde unter anderem wegen einer möglichen Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht und der Verletzung von Privatgeheimnissen - Straftaten, die gegen dienstliche Anordnungen zu einem "achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten" verstoßen. Nun soll es schärfere Dokumentationspflichten bei Datenabrufen geben. Nachlässigkeiten beim Zugang in die Datenbanken, die als Schlupfloch für unerlaubte Recherchen dienen können, darf es in Zukunft nicht mehr geben.

Andreas Meyer-Feist, Andreas Meyer-Feist, ARD Brüssel, 14.07.2020 17:25 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 14. Juli 2020 um 17:00 Uhr.