Abstimmungen im Unterhaus Diese Brexit-Optionen wären möglich
Eine Zollunion mit der EU, ein No-Deal-Brexit, gar kein Brexit - oder ein ganz neuer Kompromiss? Das britische Unterhaus stimmt heute über Brexit-Strategien ab. Mögliche Vorschläge im Überblick.
Am Abend will das britische Unterhaus über verschiedene Szenarien für den EU-Austritt beraten. Die Abgeordneten hatten der schwächelnden Regierung am Montagabend die Kontrolle über den Brexit-Prozess in einem beispiellosen Schritt entrissen. Nun wollen sie über Alternativen zum Vorschlag von Premierministerin Theresa May abstimmen und letztlich einen Ausweg finden, den eine Mehrheit unterstützen kann.
Dazu wird Parlamentspräsident John Bercow zunächst auswählen, welche Vorschläge zur Abstimmung kommen. Danach können die Abgeordneten ihre Stimme bei so vielen Vorschlägen abgeben, wie sie wollen. Bisher kommt nach Einschätzung von Abgeordneten kein einzelner Brexit-Vorschlag auf eine ausreichende Mehrheit.
Das sind mögliche Optionen:
1. Ein internationales Handelsabkommen, das es dem Vereinigten Königreich ermöglicht, nach dem Brexit eine Zollunion mit der EU zu bilden.
2. Ein Abkommen, das mindestens eine Verpflichtung enthält, eine dauerhafte und umfassende Zollunion Großbritanniens mit der EU auszuhandeln.
3. Den Rückzug des Austrittsgesuchs nach Artikel 50, wenn das Parlament nicht einwilligt, die EU ohne Abkommen zu verlassen.
4. Eine Volksabstimmung über den Brexit-Vertrag, bevor dieser vom Parlament ratifiziert wird.
5. Anhaltende Mitgliedschaft Großbritanniens im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und ein Antrag, der europäischen Freihandelsassoziation EFTA wieder beizutreten. Dieser gehören derzeit die Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein an.
6. Binnenmarkt 2.0 - ein erweitertes Abkommen nach dem Vorbild Norwegens, das die Mitgliedschaft im Binnenmarkt sowie ein Zollabkommen mit der EU umfasst.
7. Plan der oppositionellen Labour-Partei, der eine enge wirtschaftliche Anbindung an die EU einschließlich einer umfassenden Zollunion und einer engen Anbindung an den Binnenmarkt vorsieht.
8. Ein stark an Mays Abkommen angelehnter Kompromiss, der aber eine Irland-Notfalllösung durch eine Regelung ersetzt, die auf einem Freihandelsabkommen ohne Zöllen basiert. Außerdem soll auf technische Lösungen gesetzt werden, um Kontrollen abseits der Grenze zu ermöglichen.
9. Ein Austritt aus der EU ohne Folgeabkommen.
10. Der britischen Regierung wird vorgeschrieben, vor einem Brexit auch die Zustimmung des schottischen und walisischen Parlaments zu sichern.
Wie geht es danach weiter?
Der Plan ist, herauszufinden, welche Ideen die meiste Unterstützung bekommen. In der kommenden Woche soll dann eine Einigung auf einen Vorschlag gefunden werden. Für den 1. April ist eine weitere Abstimmungsrunde angesetzt. Dann sollen die Optionen weiter eingeschränkt werden.
Falls das Parlament einen Vorschlag findet, ist die Regierung ist rechtlich jedoch nicht dazu verpflichtet, sich daran zu halten. May hat bereits erklärt, sie werde nichts umsetzen, was keine Erfolgsaussichten bei Verhandlungen mit der EU hätte oder ihren Wahlversprechen von 2017 widerspreche.
Eine ähnliche Abstimmung gab es bereits einmal im Jahr 2003. Damals stimmten die Parlamentarier über sieben Vorschläge zu einer Reform des Oberhauses ab, dem House of Lords. Keine der Optionen fand damals eine Mehrheit.