Start noch in diesem Jahr geplant Erdgasförderung vor Borkum genehmigt
Über die geplante Erdgasförderung aus einem deutsch-niederländischen Feld in der Nordsee wird seit Jahren gestritten. Nun ist die Genehmigung erteilt. Welche Rolle spielt die Förderung bei der deutschen Versorgung?
Seit Jahren wird darüber gestritten, nun wurde darüber entschieden: Die zuständige Landesbehörde in Niedersachsen hat Bohrungen zur Erdgasförderung in der Nordsee vor der Insel Borkum genehmigt.
Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in Hannover erteilte dem niederländischen Energiekonzern One-Dyas dabei eine auf 18 Jahre befristete Genehmigung für die Bohrungen, die unter dem Meeresboden in deutsches Gebiet reichen.
Frühzeitiges Ende bei erreichter Wärmewende möglich
Die Genehmigung sei nach Prüfung und Freigabe durch das niedersächsische Wirtschaftsministerium erfolgt, teilte die Landesbehörde mit. Dabei sei geregelt, dass die Förderung vorzeitig ende, sobald durch die angestrebte Wärmewende in Deutschland kein Erdgas mehr als Energieträger benötigt wird.
"Solange aber in Deutschland noch Erdgas verbraucht wird, gilt: Das aus heimischen Lagerstätten geförderte Erdgas ist erheblich weniger klimaschädlich als das importierte", sagte LBEG-Präsident Carsten Mühlenmeier.
Der Konzern One-Dyas will noch in diesem Jahr damit beginnen, aus einem Feld vor den Inseln Borkum und Schiermonnikoog Erdgas zu fördern. Die Installation der Förderplattform sollte bereits Anfang August beginnen. Vorübergehend sollte auch eine mobile Bohrplattform eingesetzt werden. Außerdem sollen im Herbst zur Anbindung der Förderplattform eine etwa 15 Kilometer lange neue Gaspipeline sowie ein rund acht Kilometer langes Stromkabel unter Wasser verlegt werden. Geplant sind Bohrungen in einer Tiefe von 1,5 bis 3,5 Kilometern.
Völkerrechtliches Abkommen notwendig
Ob nahe dem niedersächsischen Nationalpark Wattenmeer künftig tatsächlich nach Gas gebohrt wird, ist allerdings noch nicht endgültig geklärt. Zum einen wird noch ein völkerrechtliches Abkommen - ein sogenanntes Unitarisierungsabkommen - mit den Niederlanden benötigt, da das Gas sowohl in niederländischen als auch in deutschen Hoheitsgebieten gefördert werden soll. Die im Jahr 2022 begonnen Gespräche dazu laufen nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums weiterhin. Zu einem möglichen Zieldatum machte ein Sprecher keine Angaben.
Zum anderen ist zu erwarten, dass gegen den Planfeststellungsbeschluss auf deutscher Seite gerichtlich vorgegangen wird. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte bereits im vergangenen Jahr angekündigt, vor Gericht zu ziehen, sollte das Vorhaben von den niedersächsischen Behörden genehmigt werden.
Welche Rolle spielt die Förderung bei Versorgung?
Die erwartete förderbare Menge Erdgas für das gesamte Vorhaben beläuft sich auf 4,5 bis 13 Milliarden Kubikmeter. Zur Einordnung: Allein im vergangenen Jahr wurden nach Angaben der Bundesnetzagentur in Deutschland rund 81 Milliarden Kubikmeter Gas verbraucht. Mit zwei Milliarden Kubikmeter Erdgas jährlich hätte die Plattform also eine eher überschaubare Bedeutung und würde nur einen verhältnismäßig geringen Anteil am deutschen Bedarf decken.
In Relation zur bisherigen deutschen Gasförderung wäre der Standort allerdings bedeutsam. Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben des Bundesverbandes Erdgas, Erdöl und Geoenergie bundesweit rund 4,3 Milliarden Kubikmeter Erdgas gefördert - der Großteil davon in Niedersachsen (98 Prozent). Mit dem hierzulande geförderten Erdgas wurden den Angaben zufolge zuletzt rund 5,7 Prozent des deutschen Erdgasbedarfes gedeckt.
Proteste von Fridays for Future und Insulanern
Umweltschutzverbände und Insulaner in Deutschland und in den Niederlanden lehnen das Projekt ab. Sie befürchten Umweltschäden für das Unesco-Weltnaturerbe Wattenmeer und die Inseln. Außerdem halten sie die Erdgasförderung für unvereinbar mit den Klimazielen. Die Klimaschutzbewegung Fridays for Future protestierte vor wenigen Tagen auf Borkum und vor dem niedersächsischen Landtag in Hannover gegen die geplante Gasförderung.
Das Bundesumweltministerium hatte vor der Entscheidung des Landesamts erklärt, man sehe eine "Zementierung von fossilen Infrastrukturen" kritisch und eine mögliche Genehmigung "mit Blick auf den Meeresschutz mit Sorge".