Unter 30 Euro je Megawattstunde Europäischer Erdgaspreis sinkt deutlich
Der Preis für Erdgas in Europa ist zuletzt deutlich gefallen - obwohl auch LNG-Tanker an der Durchfahrt des Roten Meeres in Richtung Europa gehindert werden. Doch die Speicher sind hierzulande gut gefüllt.
Erdgas ist so günstig wie lange nicht: Bereits zu Wochenbeginn war der Preis für Erdgas in Europa erstmals seit fast fünf Monaten unter die Marke von 30 Euro je Megawattstunde (MWh) gefallen. Auch am Morgen fiel der richtungweisende Terminkontrakt TTF zur Auslieferung in einem Monat an der Börse in Amsterdam weiter und kostet zur Stunde 29,45 Euro.
Der Preis für Erdgas ist damit seit einem Jahr um mehr als 40 Prozent gesunken. Anfang 2023 wurde eine Megawattstunde noch bei mehr als 60 Euro gehandelt, kurz nach Beginn des Kriegs in der Ukraine 2022 wurden zeitweise sogar mehr als 300 Euro fällig.
Tanker werden im Roten Meer angegriffen
Auch der Beginn des Kriegs im Nahen Osten hatte die Rohstoffpreise wieder steigen lassen, Anfang Oktober hatte eine Megawattstunde Erdgas zeitweise wieder über 50 Euro gekostet. Besonders die andauernden Angriffe der Huthi-Rebellen im Roten Meer könnten aber auf Dauer zu einer Belastung werden, da auch LNG-Tanker aus Katar, die auf dem Weg nach Europa sind, das Rote Meer durchqueren müssen.
Vor einigen Tagen hatten Tanker aus Katar kommend bereits vor der Küste Omans Halt gemacht, um nicht unter Beschuss zu geraten. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters sind sie nun wieder auf dem Weg - dennoch dürfte sich die Ankunftstermine in Europa verzögern. An den Märkten spiegelt sich das aber bislang nicht in höheren Preisen wieder, vor allem wegen der gut gefüllten Speicher.
Tatsächlich gelang es bereits Anfang November, die Gasspeicher zu 100 Prozent zu füllen. Und noch immer sind die Speicher in Deutschland reichlich gefüllt: Nach aktuellen Daten der Bundesnetzagentur betrug der Füllstand am vergangenen Samstag 83,8 Prozent und ist damit für die kalte Jahreszeit vergleichsweise hoch.
Mehr als 40 Prozent aus Norwegen
Der europäische Erdgaspreis hat sich aber nicht nur wegen gut gefüllter Speicher erholt, sondern auch, weil es Deutschland und anderen Staaten in der EU gelungen ist, Gas aus Russland zu ersetzen, das vor Beginn des Krieges in der Ukraine den größten Teil der Gaslieferungen nach Deutschland ausgemacht hatte.
Mittlerweile stammt der Großteil des nach Deutschland importierten Gases aus Norwegen: Im Jahr 2023 kamen von dort rund 43 Prozent der Gasimporte, 26 Prozent aus den Niederlanden und 22 Prozent aus Belgien. Das geht aus aktuellen Daten der Bundesnetzagentur hervor.
Vier Terminals am Start, fünftes im Bau
Auch LNG wird bei den Gasimporten immer bedeutender: Insgesamt wurden im vergangenen Jahr etwa sieben Prozent der gesamten deutschen Gasimporte als LNG geliefert. Mittlerweile sind hierzulande mit den Flüssiggasterminals in Wilhelmshaven, Lubmin, Brunsbüttel und Stade vier Anlagen in deutschen Häfen aktiv.
Im Hafen von Mukran auf Rügen soll zudem ein fünftes Terminal entstehen: Zunächst soll dafür ein Spezialschiff im Industriehafen von Mukran stationiert werden, das das mit Tankern angelieferte Flüssigerdgas wieder in Gas umwandelt und über die 50 Kilometer lange Unterwasserleitung vor Rügen nach Lubmin liefert. Dort würde das Gas dann in das deutsche Gasnetz einspeist.
Proteste gegen neues LNG-Terminal
Vertreter von BUND, NABU, WWF und Umwelthilfe halten diese Gas-Anlandestation an der Ostküste Rügens allerdings für überflüssig und schädlich. Bereits seit Bekanntwerden der Pläne vor etwa einem Jahr stemmen sich Umweltschützer gegen das Bauprojekt, weil es ihrer Meinung nach die ökologisch sensible Küstenregion zu stark belastet.
Auch Bürgerinitiativen und Vertreter der Tourismusbranche lehnen das Projekt ab. Neben den Bedenken zum Umweltschutz kritisieren die Verbände, dass bestehende Lieferwege über Gaspipelines und bereits existierende Terminals an der Nordsee ausreichen würden, um den Gasbedarf in Deutschland zu decken.