Kritik an Geldwäsche-Prävention Bundesrechnungshof fordert Bargeld-Obergrenze
Mit harten Worten kritisiert der Bundesrechnungshof die Geldwäschebekämpfung bei Händlern und Dienstleistern in Deutschland. Vor allem hohe Bargeldzahlungen sind offenbar problematisch.
Der Bundesrechnungshof hat die Geldwäscheaufsicht in Deutschland harsch kritisiert. In einem vertraulichen Bericht, der dem NDR vorliegt, heißt es unter anderem, die "festgestellte Aufsicht" entspräche "nicht den gesetzlichen Anforderungen", so dass "Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (…) nicht effektiv und wirksam bekämpft" werden könnten.
Der Bundesrechnungshof hat dazu den sogenannten Nicht-Finanzsektor untersucht, also all diejenigen nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteten, die keine Banken und Finanzdienstleister sind. Dazu zählen in Deutschland zum Beispiel Notare, Händler von Luxuswaren wie Schmuck und Uhren, Rechtsanwälte sowie Betreiber von Casinos oder andere Glücksspielanbieter.
Die Erkenntnisse des Berichts beziehen sich daher nicht auf Banken. Obwohl das Gesetz die Händler und Dienstleister dazu verpflichtet, geben sie Geldwäsche-Verdachtsmeldungen nur äußerst selten ab - in den vergangenen Jahren stammten regelmäßig mehr als 99 Prozent aller Meldungen von Banken.
Der Bundesrechnungshof sieht große Defizite bei der Geldwäschebekämpfung durch Bund und Länder.
Kaum Kontrollen im Nicht-Finanzsektor
Anders als bei der Finanzbranche, ist die Aufsicht im Nicht-Finanzsektor auf verschiedene Behörden und Ämter aufgeteilt, teils sogar von Land zu Land unterschiedlich. Zuständig sind unter anderem Landesministerien, Polizeibehörden, Bezirks-, Kreis- und Stadtverwaltungen. Oft fehle es diesen Stellen an Personal, daher führe man kaum Kontrollen durch, so eine Erkenntnis des Bundesrechnungshofs.
Die Zusammenarbeit und den Austausch dieser Anti-Geldwäsche-Stellen soll die Financial Intelligence Unit (FIU) des Zolls sicherstellen, die jedoch "ihre Koordinierungsfunktion deutlich ausweiten" müsse. "Nach Ansicht des Bundesrechnungshofes gibt es im [Nicht-Finanzsektor, Anmerkung der Redaktion] keine wirksame Geldwäscheaufsicht", so das Fazit der Untersuchung.
Bundesrechnungshof verlangt Bargeld-Obergrenze
Vor allem die hohe Akzeptanz von Bargeld sei ein Problem. Zwar solle Bargeld grundsätzlich als Zahlungsmittel erhalten bleiben, aber der Bericht empfiehlt der Bundesregierung, ein Bargeldverbot für Immobilienverkäufe und eine Obergrenze von 5000 Euro für andere geschäftliche Barzahlungen zu prüfen "und damit die Geldwäsche-Prävention zu stärken".
Insbesondere solle das dafür sorgen, "Zahlungen häufiger in den besser überwachten Finanzsektor" zu lenken - also etwa Banken oder Kreditkarten-Unternehmen, für die sehr viel strengere Regeln gelten. "Der Sogeffekt für inkriminierte Bargelder nach Deutschland würde eingedämmt werden", schreibt der Bundesrechnungshof. Ähnliche Obergrenzen für Barzahlungen gibt es in mehreren europäischen Ländern bereits. Sie liegen zwischen 500 und 15.000 Euro. In Deutschland gilt bei Zahlungen ab einer Höhe von 10.000 Euro in bar zwar eine Ausweispflicht, sie sind aber weiterhin möglich.
Stellen für Kontrolleure gestrichen
Obwohl das Problem bei den Behörden bekannt ist, wurden bei den Länderaufsichtsbehörden zuletzt offenbar sogar Stellen gestrichen. Im Jahr 2019 waren laut des Berichts 216 Vollzeitstellen vorgesehen, ein Jahr zuvor waren es noch rund 238. Die Geldwäsche-Kontrolleure hätten im vergangenen Jahr weniger als 0,3 Prozent der Händler, Notare und weiteren Dienstleister kontrolliert. "Bei dieser Kontrollquote müsste ein Verpflichteter durchschnittlich nur höchstens alle 200 Jahre mit einer Vor-Ort-Prüfung rechnen", schreibt der Bundesrechnungshof.
FDP-Experte: "Katastrophe mit Ansage"
"Die Probleme bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung werfen ein bedrückendes Bild auf einen zahnlosen deutschen Rechtsstaat, der es Kriminellen allzu einfach macht, schmutziges Geld zu waschen und damit ungeschoren davon zu kommen", sagte Markus Herbrand, Finanzexperte der FDP und Obmann im Finanzausschuss des Bundestages.
Seine Partei zeige sich "insbesondere im Hinblick auf die miserable Personalausstattung bei den zuständigen Stellen der Länder" besorgt. Herbrand spricht von einer "Katastrophe mit Ansage", da das Problem seit Jahren diskutiert werde, von der Regierung aber keine Maßnahmen ergriffen werden.
Der FDP-Finanzpolitiker Herbrand meint, dass es Geldwäschern in Deutschland zu leicht gemacht wird.
Das Bundesfinanzministerium hat zu dem Bericht des Bundesrechnungshofs Stellung genommen. Demnach sei der Kontrolldruck im Nicht-Finanzsektor höher, als der Bericht annehme, da nicht nur vor Ort kontrolliert werde, sondern auch schriftlich. Die Auswahl der zu prüfenden Händler und Dienstleister erfolge außerdem anhand von einer Risikoanalyse.
Gegen eine Einschränkung von Barzahlungen spricht aus Sicht des Ministeriums, dass die Nutzung von Bargeld in Deutschland besonders ausgeprägt sei und als Grundfreiheit wahrgenommen werde, die man nicht ohne weiteres einschränken könne. Außerdem sei die Wirksamkeit eines solchen Verbots für die Geldwäschebekämpfung aus Sicht des Ministeriums strittig.
Deutschland beliebt bei internationalen Geldwäschern
Dass Deutschland für Bargeldwäsche ein bei Kriminellen beliebtes Land ist, ist nicht nur eine abstrakte These. Zuletzt hatte beispielsweise ein Kronzeuge in der sogenannten Aktion Pollino, einem der größten europäischen Mafia-Prozesse, ausgesagt, dass er Italien wegen der Rückverfolgbarkeit des Geldes gemieden habe. Stattdessen habe er in Deutschland größere Geschäfte, etwa Autokäufe, in bar abgewickelt. Das geht aus Gerichtsunterlagen hervor, die dem NDR vorliegen.
In einem anderen Prozess wurde eine Geldwäscher-Bande, deren Mitglieder vor allem aus dem Libanon stammten, 2018 in Frankreich verurteilt. Recherchen des NDR hatten gezeigt, dass die Männer in großem Umfang Uhren, Schmuck und Autos in Deutschland mit Bargeld gekauft und dann ins Ausland transportiert haben, um so Drogengelder zu waschen. Einige der Bandenmitglieder stehen den Recherchen zufolge der islamistischen Hisbollah nahe.