"Reichsbürgerprozess" in Frankfurt Ex-Richterin Malsack-Winkemann bestreitet Vorwürfe
In Frankfurt ist der "Reichsbürgerprozess" fortgesetzt worden. Sechs Verhandlungstage lang verteidigte sich die angeklagte Ex-Richterin Malsack-Winkemann gegen die Vorwürfe - nun kam sie mit ihrer Einlassung zum Ende.
"Ich bin daran interessiert, dass mein Name und meine Ehre reingewaschen werden." Mit diesen Worten schloss die Angeklagte Birgit Malsack-Winkemann ihre Einlassung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt. Insgesamt sechs Verhandlungstage hatte sie gesprochen.
Seit Mai 2024 steht sie mit acht weiteren Angeklagten vor Gericht, unter ihnen auch Heinrich der XIII. Prinz Reuß. Ihnen allen wird die Bildung bzw. Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, der sogenannten Patriotischen Union, vorgeworfen. Die Gruppe soll laut Anklage des Generalbundesanwaltes ab August 2021 einen Staatsstreich geplant und vorbereitet haben. Dafür soll sie rund eine halbe Million Euro eingesammelt und über ein "massives Waffenarsenal" verfügt haben, so die Ermittler.
Malsack-Winkemann kennt sich gut aus mit Gerichten. Die promovierte Volljuristin war 24 Jahre lang Richterin am Landgericht Berlin. Sie war dazu auch politisch aktiv: 2017 bis 2021 war sie für die AfD Abgeordnete im Bundestag. Seit Dezember 2022 sitzt sie in Untersuchungshaft. Nach ihrer Verhaftung wurde sie in einem dienstgerichtlichen Verfahren des Richteramtes enthoben.
Generalbundesanwalt: Bereits Verfassung entworfen
Der Generalbundesanwalt wirft Malsack-Winkemann in seiner Anklage vor, weiteren Angeklagten den Zugang zu den Bundestagsgebäuden ermöglicht und die Vereinigung auch nach dem Ende ihres Mandates mit Informationen aus dem Parlamentsbetrieb versorgt zu haben. Auch soll sie bereits eine Verfassung entworfen haben - für die Zeit nach dem Umsturz. Danach hätte sie auch als Ministerin für das Ressort Justiz zuständig sein sollen.
Sechs Tage nahm sich Malsack-Winkemann Zeit, um sich gegen die Anklage des Generalbundesanwalts zu verteidigen. An jedem Verhandlungstag betrat sie den Gerichtssaal mit einem dicken Aktenordner unter dem Arm. Punkt für Punkt versuchte die Juristin, die Anklage zu entkräften. Ganz genau zitierte sie aus der Akte, so wie sie es auch als Richterin jahrelang getan hatte. Sie erzählte ausführlich - und wiederholte vieles auch mehrfach.
Die Vorwürfe gegen sie bestritt Malsack-Winkemann vehement. Die "Patriotische Union" sei nur ein intellektueller Zirkel gewesen, in dem man ein mögliches alternatives Staatswesen diskutiert habe. Überhaupt habe man sich gar nicht so gut gekannt: "Mit manchen habe ich nur ein paar Mal miteinander telefoniert, und schon sitzt man zusammen in einem Verfahren. Es ist erstaunlich, wie hier Leute zusammengezogen werden, die draußen kaum miteinander zu tun hatten", echauffierte sich die Ex-Richterin.
Eigene Umsturzpläne der Gruppe um Reuß habe es nicht gegeben. Nur einen Staatsstreich der internationalen "Allianz" habe man zeitnah erwartet. Gemeint ist damit eine Geheimarmee, die vom antisemitischen QAnon-Verschwörungsglauben erfunden wurde. Erst wenn diese eine Militärdiktatur errichtet habe, habe sich die Gruppe um Reuß zur Errichtung eines neuen Staatswesens zur Verfügung stellen wollen. Eine Verfassung habe sie auch nicht entworfen. "Nicht jedes geschriebene Wort von mir ist gleich eine Verfassung", so Malsack-Winkemann.
Malsack-Winkemann: Keine Pläne zum Reichstagssturm
Auch ihre Rolle innerhalb der Gruppierung stufte sie zeitweise als die einer "Frühstücksdirektorin", zeitweise aber auch als die eines kritischen Geistes ein. So habe sie immer wieder bei anderen Mitgliedern der Gruppierung nachfragen müssen, wie der Stand der Dinge sei. Aufgrund ihrer kritischen Haltung sei sie aber auch als Sicherheitsrisiko bezeichnet worden - "deutlicher geht es ja wohl kaum", so Malsack-Winkemann.
Insbesondere die Tätigkeit des ebenfalls angeklagten Rüdiger von Pescatore, der für den Kontakt zur "Allianz" zuständig gewesen sein soll, habe sie argwöhnisch betrachtet. Irgendwann habe sie dann nicht mehr an den Umsturz geglaubt. Um mit der Geschichte abzuschließen, habe sie kurz vor ihrer Festnahme im Dezember einen Urlaub nach Genua gebucht. "Für mich war der ganze Käs gegessen, wie man in Süddeutschland sagt", so Malsack-Winkemann.
Und die mutmaßliche Ausspähung des Reichstags mit dem Mitangeklagten Max Eder für einen geplanten Reichstagssturm? Das sei eine ganz normale Bundestagsführung gewesen, wie sie sie jährlich für mehr als 300 Touristen gemacht habe. Darüber hinaus habe sie lediglich Sitzungspläne des Bundestags an die Mitangeklagten weitergegeben, die öffentlich auf der Website des Bundestags einsehbar seien. Es sei ja schließlich auch nicht strafbar, die Öffnungszeiten eines Supermarkts weiterzugeben.
Harsche Kritik an den Ermittlungsbehörden
Immer wieder kritisierte die Angeklagte die Arbeit der Ermittlungsbehörden. So beschwerte sie sich mehrfach darüber, dass Chats, Telefonate und andere Beweismittel verkürzt wiedergegeben worden seien. So habe die Bundesanwaltschaft etwa einen Chat mit dem Mitangeklagten Max Eder aus dem Kontext gerissen. Es brauche eben "juristische Grundkenntnisse, um sich das vergegenwärtigen zu können", belehrt sie den Vertreter der Anklage. Es müsse alles immer im Zusammenhang ausgelegt werden. Das sei "angewandtes Jura, 1. Semester", sagte Malsack-Winkemann und lachte.
Zum Ende ihrer Vernehmung holte Malsack-Winkemann noch einmal zum Schlag gegen die Anklage aus und listete alle Fehler auf, die der Generalbundesanwalt aus ihrer Sicht in ihrem Fall gemacht habe. Man habe nur Belastendes gegen sie vorgebracht, aber nichts Entlastendes, so die Juristin.
Prozessdauer offen
An einem der nächsten Verhandlungstage wird sich Malsack-Winkemann den Nachfragen des Gerichts und der anderen Verfahrensbeteiligten stellen. Zumindest aus Sicht der Ermittler ist sie eine zentrale Figur in der Umsturztruppe. Ob das auch das Gericht so sieht, wird sich erst am Ende des Prozesses zeigen.
Laut Bundesgerichtshof besteht gegen Malsack-Winkemann zumindest ein dringender Tatverdacht. Deshalb hat er die Untersuchungshaft gegen sie schon mehrfach verlängert. Mit einem Urteil ist in naher Zukunft nicht zu rechnen: Noch bis Sommer 2025 sind Verhandlungstermine angesetzt.