Europawahl Die SPD setzt auf ein "klares Votum gegen rechts"
Mit viel Rückhalt schickt die SPD Katarina Barley erneut als Spitzenkandidatin zur Europawahl. Kanzler Scholz soll den Wahlkampf unterstützen. Mit klarer Kante gegen Rechtspopulismus will die SPD aus dem Umfragetief herauskommen.
Die SPD-Führung hat ihre Mitglieder auf den Europawahlkampf eingeschworen. Bei einer Parteikonferenz in Berlin wählten die Delegierten die frühere Bundesjustizministerin Katarina Barley erneut zur Spitzenkandidatin für die Europawahl im Juni.
Die Vizepräsidentin des Europaparlaments erhielt 147 der abgegebenen 149 Delegiertenstimmen. Das waren 98,7 Prozent - und damit praktisch genauso viel Zustimmung wie bei ihrer letzten Spitzenkandidatur vor fünf Jahren.
Barley nimmt Orban ins Visier
Barley sprach in ihrer Rede von einer "Richtungswahl" am 9. Juni. Es gehe darum, die Demokratie gegen die inneren und äußeren Feinde zu stärken. Sie nannte dabei ausdrücklich Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, der die EU-Partner immer wieder erpresse. Orban sei der größte Feind, der Europa gleich an vier Stellen blockiere - bei der Hilfe für die Ukraine, beim EU-Haushalt, der EU-Erweiterung und beim schwedischen Beitritt zur NATO, so die 55-Jährige. Orban stopfe sich die Taschen mit Geld voll und wolle Ungarn umbauen, "damit er von seiner Macht nie mehr verdrängt werden kann".
Das Europäische Parlament habe der EU-Kommission die Mittel für die Sperrung von EU-Subventionen an die Hand gegeben. "Leider macht sie davon zu selten, zu zaghaft und zu inkonsequent Gebrauch. Und wenn sie es dann doch tut, dann gibt sie klein bei, bevor die Auflagen erfüllt sind", sagte sie mit Blick auf die Auszahlung mehrerer Milliarden Euro Fördergeld an Ungarn. "Es wird Zeit für klare Ansagen an Viktor Orban."
Pläne etwa der AfD zum EU-Austritt bezeichnete Barley angesichts der starken wirtschaftlichen Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von Europa als "Wahnsinn".
Scholz setzt auf ein "klares Votum gegen rechts"
Mit Barley als Spitzenkandidatin hatte die SPD bei der letzten Europawahl im Jahr 2019 15,8 Prozent der Stimmen geholt. Es war das bis dahin schlechteste Ergebnis für die Partei bei einer Europawahl. Neben Barley soll daher Olaf Scholz Teil der Wahlkampagne sein. Beide zeigten sich bei der Konferenz als Team.
Scholz nannte Barley, die sich einen Namen als Kämpferin gegen Rechtsstaatsverstöße in der EU und gegen Rechtspopulisten gemacht hat, "eine starke Stimme für Europa". Er bezeichnete den EU-Urnengang als "eine ganz zentrale Wahl". Es gehe darum, gegen Parteien anzugehen, die gegen Europa Wahlkampf machten. Er setze auf ein "klares Votum gegen rechts". "Die Europawahl ist eine Chance das zu tun, indem man demokratische Parteien und nicht die rechten wählt", sagte er in seiner 20-minütigen frei gehaltenen Rede, für die er stehenden Applaus erhielt.
Scholz versicherte der Ukraine erneut die anhaltende Solidarität Deutschlands im Abwehrkampf gegen Russland. Die anderen EU-Staaten rief er dazu auf, mehr Waffen zu liefern. Deutschland habe im laufenden Jahr mit mehr als sieben Milliarden Euro mehr als die Hälfte von dem bereitgestellt, was die anderen EU-Länder zusammen machten. "Es kann nicht sein, dass Deutschland einen so großen Anteil hat", betonte der Kanzler. "Es muss unser Beitrag sein, viel zu tun. Aber es muss auch der Beitrag aller anderen sein, auch viel zu tun."
Klingbeil bezeichnet AfD und "BSW" als "Feinde Europas"
Die Delegierten wollen am Nachmittag noch die weiteren 95 Listenplätze für die Wahl am 9. Juni besetzen und das Europawahlprogramm verabschieden. Die Umfragewerte der SPD auf Bundesebene sind schlecht - Die Partei liegt aktuell bei etwa 14 Prozent. SPD-Chef Lars Klingbeil stellte die Mitglieder daher auf einen "harten Wahlkampf" ein.
"Die Feinde der Demokratie haben sich aufgemacht", so Klingbeil. "Die Feinde von innen und von außen, die Trumps, die Putins, die Höckes. Seit gestern wissen wir: auch die Wagenknechts", sagte Klingbeil und griff das neu gegründete "Bündnis Sahra Wagenknecht" nicht nur wegen der EU-kritischen Positionen und seiner Ukraine-Politik scharf an.
Das BSW, das gestern seinen Gründungsparteitag abgehalten hatte, berufe sich bei der Kritik an deutschen Waffenlieferungen sogar auf den früheren SPD-Bundeskanzler Willy Brandt. "Aber Willy Brandt und Helmut Schmidt hätten ihre europäischen Freunde niemals im Stich gelassen, so wie das BSW das vorhat", sagte er. Die SPD stehe fest an der Seite der Ukraine.