Bundestagswahlkampf Scholz will bei Musk-Attacken "cool bleiben"
Mit Angriffen auf Spitzenpolitiker und einer Wahlempfehlung für die AfD hat US-Milliardär Elon Musk für Entrüstung gesorgt. Kanzler Scholz will besonnen mit den Attacken umgehen, warnt aber vor den internationalen Auswirkungen.
Bundeskanzler Olaf Scholz reagiert gelassen auf persönliche Angriffe des US-Milliardärs Elon Musk gegen ihn und andere Spitzenpolitiker. "Als Sozialdemokraten sind wir es seit dem vorletzten Jahrhundert gewöhnt, dass es reiche Medienunternehmer gibt, die sozialdemokratische Politik nicht schätzen – und mit ihrer Meinung auch nicht hinter dem Berg halten", sagte Scholz im Stern.
Natürlich sei es heute etwas anders, weil Medienunternehmen und Plattformen inzwischen eine weltweite Reichweite hätten. "Aber in der Sache ist es nichts Neues. Da muss man cool bleiben", sagte der SPD-Politiker. Er fügte aber hinzu: "Viel bedenklicher als solche Beschimpfungen finde ich, dass sich Musk für eine in Teilen rechtsextreme Partei wie die AfD einsetzt, die die Annäherung an Putins Russland predigt und die transatlantischen Beziehungen schwächen will."
Persönliche Angriffe auf Scholz und Steinmeier
Der Tech-Milliardär wirbt für die AfD und nutzt die ihm gehörende Plattform X für Beschimpfungen deutscher Politiker. Musk hatte Scholz dort einen "Narren" und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier einen "undemokratischen Tyrannen" genannt. Musk sprach sich auch in einem umstrittenen Gastbeitrag in der Zeitung Welt am Sonntag für die AfD aus. AfD-Chefin Alice Weidel und Musk wollen nun am 9. Januar auf X zu einem Gespräch zusammenkommen, wie ein Parteisprecher sagte.
Scholz hielt entgegen: "Der Bundespräsident ist kein antidemokratischer Tyrann und Deutschland ist eine starke und stabile Demokratie – da mag Musk behaupten, was er will. In Deutschland geht es nach dem Willen der Bürgerinnen und Bürger, nicht nach den erratischen Äußerungen eines Milliardärs aus den USA." Ins Kanzleramt einladen will Scholz Musk nicht. "Ich halte nichts davon, um die Gunst von Herrn Musk zu buhlen. Das überlasse ich gerne anderen."
Klingbeil für stärkere EU-Aufsicht über X
Er selbst habe Musk einmal im März 2022 bei der Eröffnung des Tesla-Werks in Grünheide bei Berlin getroffen und kurz mit ihm gesprochen, sagte Scholz. Damals habe die dortige AfD gegen die Ansiedlung des Werkes in Grünheide agitiert. Einige Monate später habe sich Musk noch einmal telefonisch mit einem persönlichen Anliegen bei ihm gemeldet: "Es ist kein Geheimnis, dass Tesla gegen die staatliche Förderung für E-Ladesäulen in Deutschland war", sagte der Kanzler.
SPD-Chef Lars Klingbeil sieht wegen Musk und seiner Nutzung von X die EU am Zug. "Es braucht eine Aufsicht und einen Kampf gegen Fake News auch in den sozialen Medien. Wir sehen gerade bei X, dass sich Dinge seit der Übernahme von Musk sehr negativ entwickeln. Ich sehe da vor allem die EU in der Pflicht, Regeln auch durchzusetzen", sagte Klingbeil der Rheinischen Post. Musk gehe es darum, seine Kommunikationsmacht zu nutzen, um Meinung und Wahlen zu beeinflussen und Geld zu machen. "Die Zukunft Deutschlands ist ihm egal", so der SPD-Vorsitzende.
Kritik auch aus anderen Parteien
FDP-Chef Christian Lindner ging noch einen Schritt weiter. "Es kann ihm nicht um das Wohl Deutschlands gehen", sagte Lindner der Stuttgarter Zeitung. Der FDP-Chef fügte mit Blick auf die AfD hinzu: "Womöglich will er Deutschland im amerikanischen Interesse schwächen – durch die Wahlempfehlung für eine Partei, die uns wirtschaftlich schaden und politisch isolieren würde."
Wirtschaftsminister und Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck warnte Musk, den Wahlkampf in Deutschland zu beeinflussen. "Finger weg von unserer Demokratie, Herr Musk!", sagte Habeck dem Spiegel. "Die Kombination von ungeheurem Reichtum, der Kontrolle über Informationen und Netzwerke, dem Einsatz von künstlicher Intelligenz und dem Willen, Regeln zu ignorieren, ist ein Frontalangriff auf unsere Demokratie", so Habeck.
Der Kanzlerkandidat der Union, Friedrich Merz, hatte Musks Wahlaufruf "übergriffig und anmaßend" genannt. Der CDU-Chef sagte, er könne sich nicht erinnern, dass es in der Geschichte der westlichen Demokratien einen vergleichbaren Fall der Einmischung in den Wahlkampf eines befreundeten Landes gegeben hätte.