Aufruf zur Wahl der AfD Merz bezeichnet Musk-Kommentar als "übergriffig"
Die Kritik am Beitrag von US-Milliardär Musk in der Zeitung Welt am Sonntag reißt nicht ab. CDU-Kanzlerkandidat Merz bezeichnete den Kommentar als "übergriffig und anmaßend". Auch die SPD und die Grünen sehen darin eine Gefahr für die Demokratie.
Nach dem Gastbeitrag von Elon Musk in der Zeitung Welt am Sonntag, in dem der US-Milliardär die AfD als "letzten Funken Hoffnung" für Deutschland bezeichnet, hält die Kritik an. Der Kanzlerkandidat der Union, Friedrich Merz, nannte Musks Wahlaufruf "übergriffig und anmaßend".
Der CDU-Chef sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, er könne sich nicht erinnern, dass es in der Geschichte der westlichen Demokratien einen vergleichbaren Fall der Einmischung in den Wahlkampf eines befreundeten Landes gegeben hätte. "Stellen wir uns einen kurzen Augenblick die - berechtigte - Reaktion der Amerikaner auf einen vergleichbar einseitigen Beitrag eines namhaften deutschen Unternehmers in der 'New York Times' zugunsten der Wahl eines Außenseiters im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf vor", so Merz weiter.
Kritik auch von SPD-Spitze
Die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken sagte, die Demokratie sei wehrhaft und nicht käuflich. "Wer unsere Wahl von außen zu beeinflussen versucht, wer eine antidemokratische, menschenfeindliche Partei wie die AfD unterstützt, sei die Einflussnahme staatlich organisiert aus Russland oder durch die geballte Geld- und Medienmacht von Elon Musk und seinen Milliardärsfreunden im Konzernvorstand von Springer, der muss mit unserem harten Widerstand rechnen", fügte sie hinzu und kritisierte dabei auch den Springer-Verlag.
Esken lobte das Verhalten von Welt-Redakteurinnen und -Redakteuren, die gegen die Veröffentlichung des Artikels protestiert hatten. In Anspielung auf die Kündigung der Chefin des Meinungsressorts aus Protest gegen die Veröffentlichung des Beitrags sagte die SPD-Politikerin: "Die Debatte und die teils harten Reaktionen, die die Veröffentlichung dieses Gastbeitrags auch in den Redaktionen ausgelöst hat, sind ein Hoffnungszeichen für die Widerstandskraft unserer unabhängigen Medien und unserer Demokratie."
Auch SPD-Generalsekretär Matthias Miersch sprach den Redakteurinnen und Redakteuren sein Lob aus. Die Reaktionen "geben Hoffnung - sie zeigen, dass es auch in schwierigen Zeiten Journalistinnen und Journalisten gibt, die Verantwortung übernehmen und klar Haltung zeigen", so Miersch gegenüber dem Handelsblatt.
"Hand in Hand mit der AfD"
Kritik an Musks Beitrag kam auch von den Grünen: Wahlkampfleiter Andreas Audretsch erklärte, Tech-Milliardäre oder chinesische Staatskonzerne hätten die Möglichkeit, "mit ihren Plattformen und viel Geld unseren demokratischen Diskurs zu untergraben". Musk versuche dies "Hand in Hand mit den Rechtsextremen in der AfD". Dies sei "eine Gefahr für unsere Demokratie und die Meinungsfreiheit in unserem Land".
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm mahnte hingegen zu einer offenen Debatte über die AfD und ihre Themen. Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte sie, die nun ausgelöste Debatte sei "eigentlich gut, denn es ist essenziell, dass wir jetzt alle politisch werden". Es bringe nichts, die Diskussion über die AfD und ihre Themen zu unterdrücken. "Sie muss geführt werden. Und sie kann auch geführt werden."
Welt-Chefs verteidigen Beitrag
Während die Leiterin des Meinungsressorts der Welt, Eva Marie Kogel, erklärte, sie habe nach Musks Gastbeitrag ihre Kündigung eingereicht, verteidigten der scheidende Chefredakteur Ulf Poschardt und sein designierter Nachfolger Jan Philipp Burgard die Veröffentlichung. Die Diskussion um Musks Text sei "sehr aufschlussreich. Demokratie und Journalismus leben von Meinungsfreiheit. Dazu gehört es, sich auch mit polarisierenden Positionen auseinanderzusetzen und diese journalistisch einzuordnen", schrieben sie in einem Statement.
Burgard hatte Musk in der selben Ausgabe der "Welt am Sonntag" eine Erwiderung entgegengesetzt, in der es heißt: "Musks Diagnose ist korrekt, doch sein Therapieansatz, nur die AfD könne Deutschland retten, ist fatal falsch." Die Partei sei "eine Gefahr für unsere Werte und unsere Wirtschaft. Auch ein Genie kann sich irren." Die beiden Artikel waren in der gedruckten Zeitung direkt nebeneinander platziert.