CDU-Chef Merz zu Thüringen "Wir richten uns nicht danach, wer zustimmt"
Die CDU steht wegen ihrer Abstimmung mit der AfD in Thüringen in der Kritik. Parteichef Merz bestritt in einem Interview Absprachen: Die "Brandmauer" stehe. Kritik seines Parteifreundes Günther sei eine "Einzelmeinung".
Die vom Thüringer Landtag beschlossene Steuersenkung sorgt in der Bundespolitik weiter für Wirbel. Zwar hatte die oppositionelle CDU den Antrag eingebracht, doch der kam deshalb durch, weil neben der FDP auch die AfD dafür stimmte.Die Thüringer AfD wird im Freistaat vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft und beobachtet. Die rot-rot-grüne Regierung hat keine eigene Mehrheit.
Der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz hat nun die thüringische CDU-Landtagsfraktion gegen Kritik in Schutz genommen. "Wir richten uns nicht danach, wer zustimmt, sondern wir richten uns danach, was wir in der Sache für richtig halten, und dabei bleibt es", sagte Merz in einem Interview mit den Sendern ProSieben und Sat1. Dass die AfD die Abstimmung als Ende der von der CDU beschworenen "Brandmauer" feierte, wollte Merz in dem Fernsehinterview nicht als Problem sehen. "Also ehrlich gesagt, mich interessiert wenig, was die AfD dazu sagt", sagte er.
Merz: Günthers Äußerung ist Einzelmeinung
Der Beschluss mit AfD-Stimmen ist auch in der Union nicht unumstritten. Kritik kam von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther, der im ZDF von einer "schwerwiegenden Fehlentscheidung" sprach. "Die zunehmende Radikalisierung der AfD erfordert eine noch konsequentere Haltung gerade einer konservativen Partei", sagte er.
Der CDU-Chef reagierte auf die Kritik Günthers an den thüringischen Parteikollegen gereizt. Günthers Äußerungen seien eine "Einzelmeinung in der CDU", sagte Merz. "Es gibt niemanden sonst, der das teilt." Die CDU habe ihr Vorgehen "intern sehr eng abgestimmt, auch mit allen Landesverbänden der CDU", sagte der Parteichef. "Das ist die Meinung der CDU."
Merz versicherte in dem Gespräch, dass es in Thüringen "keine Gespräche, keine Verhandlungen, keine Absprachen" zwischen CDU und AfD gegeben habe.
Laut Buschmann keine Zusammenarbeit
Auch die FDP steht wegen der Abstimmung in der Kritik. Bundesjustizminister Marco Buschmann versuchte, das Verhalten der Liberalen im Thüringer Landtag zu erklären. "Wenn eine demokratische Partei wie die CDU einen Antrag stellt, der zu 100 Prozent den Parteibeschlüssen der FDP entspricht, und wir dem zustimmen, kann man das nur schwer skandalisieren", sagte er den Tageszeitungen und Portalen der VRM.
"Mit der AfD arbeitet man nicht zusammen", betonte er. Die Frage der Zusammenarbeit stelle sich deshalb für die CDU und nicht für die Liberalen. "Man kann sich fragen, ob die CDU diesen Antrag hätte stellen sollen. Aber das waren nicht wir." Es müsse möglich sein, Anträgen zur steuerlichen Entlastung der Bürger zuzustimmen, sagte Buschmann. "Wer der AfD die Macht gibt, darüber zu bestimmen, worüber man reden und diskutieren darf, macht sie nur stärker."
Esken: Wo bleibt der Aufschrei?
Im Lager von SPD, Grünen und Linken hält die Empörung weiter an. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken bezog sich in der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" auf die Aussage des CDU-Chefs, dass die "Brandmauer" zur AfD stehe: "Wie viel ist das Wort von Friedrich Merz in der CDU noch wert, und wo bleibt der Aufschrei innerhalb der Union?".