Ampel-Streit über Haushalt 2025 "Unanständig" und "schlechter Stil"
Mitten in der gar nicht so ruhigen Sommerpause bricht der Ampel-Streit über den Haushalt neu auf. Führende SPD-Politiker werfen Finanzminister Lindner parteipolitisches Kalkül vor. Die Grünen ziehen rote Linien. Die FDP hält dagegen.
SPD und Grüne machen im wieder aufgeflammten Haushaltsstreit Bundesfinanzminister Christian Lindner heftige Vorwürfe. Lindner hatte nach einem mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) gefundenen Kompromiss zum Etat 2025 mehrere Vorhaben verfassungsrechtlich und wirtschaftlich prüfen lassen.
Das Ergebnis: Es gibt laut Gutachten verfassungsrechtliche Risiken bei einigen Plänen der Bundesregierung, zum Beispiel bei der Idee, übrig gebliebene 4,9 Milliarden Euro der Förderbank KfW für die Gaspreisbremsen anderweitig im Haushalt zu nutzen. Der Minister kündigte entsprechende Nachverhandlungen über den Haushalt an. Aus Lindners Sicht ergibt sich eine Lücke im Etat in der Größenordnung von "etwa fünf Milliarden Euro".
"Kein guter Stil"
Das sorgt nun massiv für Ärger in der sowieso nicht ruhigen Sommerpause. SPD-Chefin Saskia Esken nannte Lindners Vorgehen "unanständig" und vermutete parteipolitisches Kalkül. Lindner sei mit seiner Kritik am Haushaltsentwurf an die Öffentlichkeit gegangen anstatt zuerst mit Kanzler Scholz zu sprechen, sagte Esken im ZDF-Morgenmagazin. "Das ist unanständig und es dient der eigenen Profilierung." Ein solches Vorgehen "beschädigt wieder einmal die Regierung".
Ähnlich äußerte sich SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert in der ARD: "Sich jetzt hinter vermeintlichen oder tatsächlichen Gutachten zu verschanzen und zu sagen, war alles nicht so gemeint, ist kein guter Stil." Dies gelte erst recht für die Veröffentlichung, während sich der Kanzler im Urlaub befinde. "Das kann man nur als Selbstvermarktung begreifen."
Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch warf Lindner vor, eine gemeinsame Vereinbarung einseitig aufgekündigt zu haben. "Jetzt muss er Lösungen vorlegen", sagte Audretsch in der ARD. Er machte zugleich deutlich: "Ein Kaputtsparen beim Sozialen, ein Kaputtsparen beim Klimaschutz wird es mit uns nicht geben." Es sei auch Aufgabe des Kanzlers, den Finanzminister daran zu erinnern, dass gemeinsam vereinbarte Wege auch gemeinsam getragen werden müssen.
Auch der SPD-Haushaltsexperte Achim Post mahnte via Bild-Zeitung: "Unser Staatshaushalt darf kein Sparhaushalt sein, sondern muss die soziale, innere und äußere Sicherheit sichern und unverzichtbare Investitionen schaffen." Der Finanzminister sei jetzt am Zug, die angedachten Maßnahmen zur Schließung der Haushaltslücke gemeinsam mit der gesamten Bundesregierung zu bewerten. Die SPD erwarte dazu "konstruktive Lösungsvorschläge, die rechtlich gut tragbar sind".
Einigung im Juli
Eigentlich hatten die drei Ampel-Spitzen Anfang Juli verkündet, einen Kompromiss zum Haushalt gefunden zu haben. Wochenlang hatten sie zuvor darum gerungen, eine Lücke von mindestens 30 Milliarden Euro zu stopfen.
Die von Lindner beauftragte Prüfung ergab allerdings rechtliche Risiken vor allem bei dem Plan, übriggebliebene 4,9 Milliarden Euro der Förderbank KfW für die Gaspreisbremsen anderweitig im Haushalt zu nutzen. Auch das Vorhaben, Darlehen statt Zuschüsse an die Autobahngesellschaft zu zahlen, könnte demnach problematisch sein.
"Das passiert mir kein zweites Mal"
Lindner verteidigte sein Vorgehen im ZDF-Sommerinterview. Die Prüfung mehrerer Maßnahmen sei verabredet gewesen. Bereits bei der Vorstellung des Haushalts habe er transparent angekündigt, damit unabhängige Sachverständige zu beauftragen.
Der Finanzminister unterstrich, er habe sich schon einmal auf einen Koalitionskompromiss beim Haushalt eingelassen, der wackelig gewesen und vom Bundesverfassungsgericht verworfen worden sei. "Das passiert mir kein zweites Mal", betonte der FDP-Vorsitzende.
Djir-Sarai spricht von "Schuldenpopulismus"
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai verteidigte seinen Parteichef und kritisierte Forderungen, die Schuldenbremse zu lockern. "Der Schuldenpopulismus von SPD und Grünen wird immer unerträglicher", sagte Djir-Sarai der "Bild". Der Respekt vor den Steuerzahlern gebiete einen sorgsamen Umgang mit den zur Verfügung stehenden Mitteln.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr betonte im Deutschlandfunk, dass es nur um ein kleines Finanzloch gehe. "In Grundzügen steht der Haushalt", sagte Dürr im Deutschlandfunk. Der Haushalt sei mit 480 Milliarden Euro ja wesentlich größer als die voraussichtliche Lücke von fünf Milliarden Euro.
Aus Lindners Sicht gibt es noch viel Zeit, eine tragfähige Lösung zu finden. Bis Mitte des Monats werde er mit Scholz und Habeck beraten. Danach gehe der Haushaltsentwurf in den Bundestag, wo er Ende November beschlossen werden soll.