Entlastung von Firmen "Wir stehen nicht nur ökonomisch unter Druck"
Wirtschaftsminister Habeck will die Wirtschaft mit einem Sondervermögen in Gang bringen. In der ARD-Sendung Caren Miosga rief er zum Dialog auf. Deutschland stehe nicht nur wirtschaftlich, sondern auch demokratisch unter Druck.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat seinen Plan verteidigt, gemeinsam mit der Union Steuererleichterungen für Unternehmen auf den Weg zu bringen. Im ARD-Polittalk Caren Miosga sagte der Grünen-Politiker: "Eine Gesamtlast der Unternehmen zu senken würde ungefähr 30 Milliarden Euro jedes Jahr kosten." Um das zu finanzieren, möchte er ein Sondervermögen einführen.
Hierfür müsste sich die Union auf ein Gesprächsangebot der Ampelkoalition einlassen, so Habeck. Für die Einführung des Sondervermögens benötigt die Bundesregierung eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und damit die Zustimmung der Opposition. "Wir stehen nicht nur ökonomisch unter Druck, sondern auch demokratisch", sagte der Bundeswirtschaftsminister und mahnte, es könne nicht sein, dass in dieser Situation nicht miteinander gesprochen wird.
Angesprochen auf das Verhältnis zu Finanzminister Christian Lindner (FDP) erklärte der Vizekanzler, sie würden gut miteinander auskommen, obwohl sie unterschiedlichen politischen Denkschulen angehören würden. "Wir haben wirklich ein stabiles Verhältnis", so der Wirtschaftsminister über seinen Kabinettskollegen.
Lindner hatte dem Vorschlag Habecks eine Absage erteilt. Er forderte im Bericht aus Berlin, den Solidaritätszuschlag für Unternehmen zu streichen. Das sei "der einfachste und schnellste Weg", um Betriebe zu entlasten, so der FDP-Minister. Es müsse dann innerhalb der Bundesregierung über Wege der Gegenfinanzierung gesprochen werden.
Forderung nach Ausbau der Stromnetze
Gunnar Groebler, Vorstandsvorsitzender des Stahlkonzerns Salzgitter AG, äußerte bei Caren Miosga die Befürchtung, dass der aktuelle Energiepreis in Deutschland dafür sorge, dass die Wirtschaft international nicht mehr konkurrenzfähig sei. "Wir brauchen im großen Stil neue Stromnetze", so der Vorstandsvorsitzende. Die Kosten dieses Ausbaus würden auch auf die Nutzer umgelegt werden, warnt hingegen Julia Löhr, Wirtschaftskorrespondentin in der Hauptstadtredaktion der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Das sei richtig, erklärt der Bundeswirtschaftsminister, die Netze müssten ausgebaut werden, aber das sorge auch dafür, dass die Wirtschaft angekurbelt wird, da neue Arbeitsplätze geschaffen werden. "Ansonsten bin ich der festen Überzeugung, dass wir mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien die ökonomisch beste Lösung haben", so der Grünen-Politiker. Das Problem sei, dass dies alles nun in wenigen Jahren passieren müsse. Das sei aber den Vorgängerregierungen anzukreiden.
Der Vorstandsvorsitzende Groebler hierzu: "Ja, Erneuerbare werden ausgebaut, ja, die Netze werden kommen." Darum hätte sich der Konzern selbst gekümmert. Allerdings seien sie nicht an den Punkt gekommen, dass der grüne Strom da ist, um mit Erneuerbaren Energien Stahl zu produzieren. "Es ist nicht Anspruch der Industrie hier dauerhaft am Tropf der Subventionen zu hängen, sondern eine Investition, um dauerhaft am Weltmarkt aktiv zu sein."
"Da werden sehr, sehr hohe Summen ausgegeben"
Julia Löhr hält die Subventionen hingegen für zu hoch: "Wir haben in anderen Bereichen zehn Milliarden für Intel ausgegeben, einen Chiphersteller. Da werden sehr, sehr große Summen für einzelne Unternehmen ausgegeben, die an anderer Stelle fehlen." Sie halte es für unklug in einem Land, das "nicht immer Wind und Sonne hat", auf Erneuerbare Energien zu setzen. "Ich habe die Befürchtung, dass das eine Dauersubventionierung wird", so die Wirtschaftskorrespondentin.
Auf die Frage, ob es das angekündigte Klimageld geben wird, sagte Habeck: "Ich sage nicht, dass es nicht kommt", so der Wirtschaftsminister. Das hänge allerdings von den technischen Voraussetzungen in dieser Legislaturperiode ab. "Erstens hängt es davon ab, ob es technisch geht. Und zweitens muss das Extrageld noch aufgebracht werden. Das wäre dann wahrscheinlich ein höherer CO2-Preis. Wollen wir das bei der Belastung, die da ist?", so Habeck.
Schlüttsiel: "Nicht die erste Landwirtschaftsdemonstration"
Moderatorin Caren Miosga sprach den Grünen-Politiker auch auf die Demonstranten an, die die Rückreise des Ministers in Schlüttsiel im Januar blockiert hatten. "Ich war einen Tag auf Hallig Hooge und bin nachmittags zurückgefahren", so Habeck. Für ihn sei der Protest zunächst nichts Ungewöhnliches gewesen: "Das war nicht die erste Landwirtschaftsdemonstration, die ich erlebt habe."
Dieses Mal sei es aber anders verlaufen. Er sei davon ausgegangen, dass er trotzdem ganz normal nach Hause hätte fahren können. Das habe aber die Sicherheitslage nicht zugelassen. "Sonst ist es immer möglich gewesen, Argumente auszutauschen. Das war nun nicht mehr der Fall."
Habeck habe sich im Anschluss mit Bauern ausgetauscht und deren Ansichten auch mit in Gespräche mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir genommen. Insgesamt habe ihn die Konfrontation mit den Demonstranten nicht nachhaltig eingeschüchtert, so der Vize-Kanzler: "Es ist eben nur ein Ereignis und ich könnte Ihnen zehn andere nennen, die anders gelaufen sind. Die gibt es eben auch."