Finanzminister Christian Lindner, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Kanzler Olaf Scholz im Bundestag.
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Bayern und Hessen Welche Folgen die Landtagswahlen für die Ampel haben

Stand: 08.10.2023 22:57 Uhr

Die Ampelparteien verlieren bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern teilweise deutlich. Welche Lehren ziehen SPD, Grüne und FDP im Bund daraus?

Eine Analyse von Frank Jahn, ARD Berlin, Nicole Kohnert, ARD-Hauptstadtstudio und Iris Sayram, ARD Berlin

Es waren sozialpolitische Themen, mit denen Bundesinnenministerin und SPD-Kandidatin Nancy Faeser in Hessen, aber auch Bayerns SPD-Kandidat Florian von Brunn punkten wollten: "Bezahlbares Bayern", für mehr günstigen Wohnraum wurde geworben, für ein besseres Bildungs- und Gesundheitssystem in Hessen. Es wurde getrommelt für ureigene Themen der SPD.

Am Ende konnten die beiden Landeskandidaten damit nicht überzeugen. Zu sehr schien die Performance der Ampelregierung den Wahlkampf zu überschatten, zu sehr schien auch die Enttäuschung groß bei so manchen Wählerinnen und Wählern über die Versprechen aus Berlin, die nicht eingehalten werden konnten. Zuletzt die beispielsweise 400.000 neuen bezahlbaren Wohnungen pro Jahr, die Kanzler Scholz versprach, aber nur zu einem geringen Teil tatsächlich gebaut wurden.

Rekordtief für die SPD

Auch wenn sich Faeser in Hessen immer wieder als langjährig erfahrene Landespolitikerin gab, konnte sie ihre Rolle als Bundesinnenministerin nicht abstreifen und stand in den vergangenen Wochen wegen vieler Debatten um Migration unter Beschuss. Auch von Brunn konnte nicht überzeugen - allerdings spielt die SPD in Bayern schon lange keine entscheidende Rolle mehr.

Am Ende der Landtagswahlen stehen nun ein Rekordtief in Bayern und in Hessen für die Sozialdemokraten - und eine zerknirschte Regierungspartei, die sich mehr erhofft hat. Die Partei will das Ergebnis aufarbeiten, erklärt SPD-Parteivorsitzender Lars Klingbeil. Man will den Bürgerinnen und Bürgern mehr Orientierung geben. Ein klarer Arbeitsauftrag des Abends - auch an die anderen beiden Regierungsparteien.

Sind die Ergebnisse der Landtagswahlen ein Stimmungsbarometer für die Ampel-Regierung?

Daniel Schmidthäussler, ARD Berlin, Morgenmagazin, 09.10.2023 06:00 Uhr

FDP könnte lauter werden wollen

Der kleinste Koalitionspartner, die FDP, hatte erst gar nicht zu einer Wahlparty in ihrer Bundeszentrale eingeladen. Sie erspart sich Fernsehbilder von langen Gesichtern im Genscher-Haus. Das Ergebnis in Bayern sei "enttäuschend", räumt FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai ein, in Hessen bleibe es spannend. Raus aus dem Landtag in Bayern, Zittern nach Verlusten in Hessen - die FDP steckt im Abwärtstrend.

Denn bei allen acht Landtagswahlen seit Regierungsbeginn mit SPD und Grünen 2021 erlitt sie Niederlagen. Überall Stimmenverluste, außer im Saarland, wo sie zwar zulegte, aber dennoch nicht ins Parlament kam. In Niedersachsen und Berlin flog sie nach dem Ampelstart aus dem Parlament. Zur Halbzeit der Bundesregierung fällt die Bilanz für die FDP bitter aus: Aus Berlin kommt nicht genug Rückenwind für die Liberalen in den Ländern.

Auftrieb - so wirkte es in den vergangenen Monaten - suchte die FDP darin, in Berlin gleichzeitig zu regieren und zu rebellieren, wie beim Streit um Atomkraft oder das Heizen. Nun dürften die Freien Demokraten noch sichtbarer werden wollen, sich weiter als Korrektiv in der Koalition positionieren, etwa in der Migrationspolitik gegen die Grünen oder gegen die SPD-Bundestagsfraktion beim Industriestrompreis. Djir-Sarai kündigt am Wahlabend in Richtung der Ampelpartner an, man werde die Ergebnisse analysieren und besprechen. Klingt, als wollten die Liberalen in Berlin eher lauter als leiser werden.

Bundesforschungsministerin Stark-Watzinger über die Gründe zum schlechten Abschneiden der FDP

Landtagswahlen in Bayern und Hessen

Grüne hoffen auf bessere Zusammenarbeit

Der Grünen-Parteivorsitzende Omid Nouripour nennt die Ergebnisse "stabil". Richtig zufrieden sein können die Grünen allerdings nicht. Vor allem in Bayern hatten sie sich mehr erhofft. Die sogenannte Flugblattaffäre um den Vorsitzenden der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, hat ihnen keinen Einstieg in eine Koalition verschafft, obwohl die Grünen in Bayern hier durchaus ihre Chance gewittert hatten.

Auch die Zahlen in Hessen enttäuschten, daraus macht Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir kein Geheimnis. "Alle Parteien, die an der Bundesregierung beteiligt sind, hatten keinen Rückenwind und mussten bergauf kämpfen", sagte Al-Wazir dem HR mit Blick auch auf seine eigene Partei im Bund - eine Befürchtung, die es bei den Bundes-Grünen durchaus auch schon im Vorfeld gab.

Es war klar, dass die Ergebnisse dieser beiden Landtagswahlen vor allem auch mit ihnen nach Hause gehen. Seit dem teils sehr schmutzigen Streit um das Gebäudeenergiegesetz mit den Liberalen gab es immer wieder Versprechungen, sich öffentlich weniger streiten zu wollen. Der Vorsatz hielt nie lange. Ob Kindergrundsicherung oder Fragen zur Migrationspolitik, die Grünen geraten weiterhin vor allem mit der FDP aneinander.

Zuletzt musste wieder der Kanzler einschreiten, als das EU-Asylpaket drohte von den Grünen blockiert zu werden. Als sie hier nachgaben, bekamen sie dafür heftige Kritik aus den eigenen Reihen: "Die Grünen beerdigen ihre humanitären Grundsätze", hieß es. Wie viel aber können die Grünen noch von ihren eigenen Grundsätzen fallen lassen, um den Koalitionsfrieden zu wahren und dennoch die eigene Partei zusammenhalten? Fragen, die bei den Grünen auch nach dieser Wahl nicht beantwortet sind.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 08. Oktober 2023 um 20:00 Uhr.