Landtagswahl Hessen CDU triumphiert - AfD auf Platz zwei
Die CDU ist klarer Wahlsieger in Hessen. Die Partei von Ministerpräsident Rhein verbessert sich laut ARD-Hochrechnung auf fast 35 Prozent. Die AfD liegt als zweitstärkste Kraft vor SPD und Grünen. Die FDP muss zittern, die Linke ist raus.
Mit großem Vorsprung hat die CDU die Landtagswahl in Hessen gewonnen. Die Partei von Ministerpräsident Boris Rhein geht aus der Abstimmung nicht nur als klar stärkste politische Kraft hervor, sondern legt im Vergleich zu 2018 auch deutlich zu. Laut ARD-Hochrechnung von Infratest dimap kommt die CDU auf 34,6 Prozent. Vor fünf Jahren erreichte sie 27,0 Prozent, damals noch mit Ministerpräsident Volker Bouffier.
Seit Mai 2022 führt sein Nachfolger Rhein die schwarz-grüne Landesregierung, nun musste er sich erstmals dem Wählervotum stellen. Trotz eines im Ländervergleich eher schwach ausgeprägten Amtsbonus’ und mäßiger Beliebtheitswerte konnte Rhein einem weitgehend ungefährdeten Wahlsieg entgegensehen. Im Wahlkampf kamen ihm und der Hessen-CDU die massive Unzufriedenheit mit der die Bundesregierung tragenden Ampelparteien zugute. Auch profitierte Rhein von der Schwäche der anderen Spitzenkandidaten und fehlender Wechselstimmung im Land.
In einer ersten Reaktion sprach Rhein von einem "klaren Regierungsauftrag" der Wähler und einem "unfassbar großartigen Tag" für die CDU. "Sie haben die Hessen-CDU gewählt, aber sie haben auch Stil und Stabilität sowie sanfte Erneuerung gewählt."
AfD legt deutlich zu
Die AfD verbessert sich deutlich und könnte sogar zweitstärkste Kraft hinter der CDU werden. Laut Hochrechnung kommt sie auf 18,5 Prozent, das wäre ihr bisher bestes Ergebnis in einem westdeutschen Flächenland. Vor fünf Jahren war sie mit 13,1 Prozent erstmals in den Landtag in Wiesbaden eingezogen.
Die AfD profitiert nicht nur von der massiven Unzufriedenheit mit den Ampel-Parteien, auch die Themenlage kommt ihr zugute. Laut Vorwahlbefragungen befürworten viele Menschen eine restriktive Zuwanderungspolitik, fürchten mehr Kriminalität und wirtschaftlichen Abstieg. Der AfD wird hier offenbar eine gewisse Problemlösungskompetenz zugetraut.
Debakel für SPD
Die hessische SPD fährt ein desaströses Wahlergebnis ein. Mit 15,1 Prozent unterbietet sie noch einmal ihren Negativrekord von 2018, als sie immerhin noch auf 19,8 Prozent kam.
Nun könnte sie hinter CDU und AfD auf Platz drei landen. Dabei hatte die Partei doch mit Nancy Faeser als Spitzenkandidatin auf bundespolitische Prominenz gesetzt, um nach 25 Jahren in der Opposition endlich wieder im einstigen "roten Hessen" zu regieren.
Die SPD konnte im Wahlkampf nicht mit ihrer bundesweit bekannten Spitzenkandidatin punkten - im Gegenteil: Faesers Ministerposten in Berlin erwies sich als schwere Hypothek, vor allem, als das Thema Migration auch im Landtagswahlkampf zunehmend eine Rolle spielte. Die Bundesinnenministerin kam nicht mehr aus der Defensive. Auch nahmen ihr offenbar viele Menschen in Hessen übel, dass sie nur im Falle eines Wahlsiegs von Berlin nach Wiesbaden wechseln wollte. Der SPD gelang es mit dieser Spitzenkandidatin nicht, sich als glaubwürdige und kompetente Alternative zur regierenden CDU zu präsentieren.
"Wir hatten viel Gegenwind, wir haben es in den Umfragen gesehen. Deswegen ist es auch nicht ganz so überraschend, aber trotzdem sehr enttäuschend", kommentierte Faeser das schwache Abschneiden ihrer Partei.
Enttäuschte Grüne
Auch die Grünen verfehlen ihr Wahlziel deutlich. Sie waren mit Tarek Al-Wazir angetreten, die Landesregierung zu übernehmen. Im Vergleich zum Rekordergebnis von 2018 (19,8 Prozent) büßen sie ein und kommen nun auf 14,8 Prozent. Seit zehn Jahren regieren sie als Juniorpartner mit der CDU - ob es dabei bleibt, ist offen. Auch die SPD wäre ein möglicher Koalitionspartner für die CDU.
Mit Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Al-Wazir hatten die Grünen zwar einen populären Spitzenkandidaten, im Vergleich zu 2018 hat Al-Wazir aber an Zugkraft verloren. Dass bundespolitische Themen wie Flüchtlingspolitik, Wirtschaft und Klima diese Landtagswahl wie auch die in Bayern überlagerten, machte es den Grünen zusätzlich schwer. Die grünen Wahlkämpfer hatten mit massivem Gegenwind aus Berlin zu kämpfen.
"Alle Parteien, die an der Bundesregierung beteiligt sind, hatten keinen Rückenwind", sagte Al-Wazir am Abend. "Wir mussten bergauf kämpfen."
FDP nicht sicher drin, Linke sicher raus
Für die FDP gehörte Hessen einst zu ihren Hochburgen. Seit vier Jahrzehnten ist sie im Landtag vertreten. Noch muss die FDP zittern - die Hochrechnung sieht die Liberalen bei 5,0 Prozent und damit nur knapp im wieder Landtag. Wie auch SPD und Grüne hatte die Hessen-FDP mit dem Ampel-Malus zu kämpfen. Zudem setzte sie mit Stefan Naas auf einen weithin unbekannten Spitzenkandidaten, der wenig Zugkraft entfalten konnte.
Die Linkspartei verpasst den Wiedereinzug in den Landtag. Laut Hochrechnung kommt sie nur noch auf 3,1 Prozent, nach 6,3 Prozent vor fünf Jahren. Damit ist die Partei nur noch in zwei westdeutschen Parlamenten vertreten: in Bremen und Hamburg.
Auch die Freien Wähler verpassen mit 3,5 Prozent den Sprung in den Landtag.
Rhein kann sich Regierungspartner aussuchen
Für die Regierungsbildung heißt das: Ministerpräsident Boris Rhein kann nicht nur für fünf Jahre in der Staatskanzlei planen, sondern sich auch aussuchen, mit wem er gemeinsam regieren will. Weiter mit den Grünen oder ein Bündnis mit der SPD? Auch die FDP stünde zusätzlich bereit, so sie denn den Wiedereinzug in den Landtag schafft. Die schwarz-grüne Landesregierung hatte zuletzt an Zustimmung verloren, nach zehn Jahren knirschte es auch zunehmend unter den Partnern. Auch wird Rhein eine größere inhaltliche Nähe zu FDP und SPD nachgesagt.
Insgesamt fanden die heutigen Landtagswahlen in Hessen und Bayern inmitten einer bundesweit sehr angespannten Stimmung statt. Nur eine Minderheit der Menschen schaut mit Zuversicht in die Zukunft, das Vertrauen in die Problemlösekompetenz der Politik ist gering. Viele Menschen haben wirtschaftliche Ängste, doch auch der Klimawandel und die Zuwanderung lösen Besorgnis aus. Aus diesen Gründen spielten landespolitische Themen wie etwa Schulpolitik bei diesen Wahlen nur eine untergeordnete Rolle. Insgesamt waren in Hessen rund 4,3 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Vor fünf Jahren lag die Wahlbeteiligung bei 67,3 Prozent. Nun liegt sie bei 64,5 Prozent.