Energiekosten SPD-Fraktion für Industriestrompreis von fünf Cent
Wie kann die Energiewende gelingen, ohne die Industrie abzuwürgen? Teile der Regierungskoalition wollen für bestimmte Unternehmen den Strompreis deckeln, Kanzler Scholz sträubt sich. Nun gibt es ein Konzept der SPD-Bundestagsfraktion.
Die Spitze der SPD-Bundestagsfraktion hat ihr Konzept für einen staatlich subventionierten Industriestrompreis für ausgewählte Branchen beschlossen. Er soll zunächst fünf Jahre lang fünf Cent pro Kilowattstunde betragen. Die Differenz zum durchschnittlichen Börsenstrompreis, der derzeit bei etwa 8,95 Cent liegt, soll der Staat übernehmen.
Das entsprechende Positionspapier wurde zunächst vom geschäftsführenden Fraktionsvorstand bei einer Sitzung im bayerischen Erlangen gebilligt. Anfang kommender Woche soll dann die Fraktion bei ihrer Klausurtagung in Wiesbaden über das Konzept entscheiden, das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Zuerst hatten die Nachrichtenagentur dpa und die Zeitungen der Funke Mediengruppe berichtet. Dann wird auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dabei sein, der sich bisher skeptisch zu einem Industriestrompreis geäußert hat.
Fraktionschef Rolf Mützenich betonte, dass es nicht darum gehe, Druck auf Scholz auszuüben. "Wir wollen nicht den Bundeskanzler zu einer anderen Meinung bewegen, sondern wir wollen zusammen etwas tun", sagte er. Das Konzept werde aber auch in der Bundesregierung Beachtung finden, "weil wir natürlich auch die größte Regierungsfraktion sind".
IGBCE begrüßt SPD-Konzept
Die Chemie- und Energiegewerkschaft IGBCE begrüßte das SPD-Konzept für einen Industriestrompreis. Ein Sprecher sagte, auch in der Bundespolitik zeichne sich eine immer breitere Allianz für einen "Brückenstrompreis" ab. "Deutschland muss bei diesem für die energieintensive Industrie entscheidenden Kostenfaktor auf Augenhöhe kommen mit anderen Industrienationen wie den USA oder Frankreich." Es sei gut und richtig, dass die SPD-Bundestagsfraktion die Gewerkschaftsforderung aufgreift, den Preisdeckel an konkrete Transformationsprojekte, Standort- und Beschäftigungsgarantien sowie Tariftreue zu koppeln. Nur so finde die klimagerechte Modernisierung der Industrie auch hierzulande statt und nicht nur anderswo.
Konzept geht weiter als Habecks Vorschlag
In der Ampelkoalition lehnen Kanzler Scholz und die FDP die Einführung eines subventionierten Strompreises bisher ab. Weite Teile der SPD, die Grünen, Vertreter von Gewerkschaften und Industrie fordern ihn dagegen mit Blick auf die international vergleichsweise hohen deutschen Strompreise und die Sorge vor einer Abwanderung von Unternehmen.
Mit fünf Cent geht das Konzept der SPD-Fraktionsspitze für den von ihr sogenannten "Transformationsstrompreis" weiter als der Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der sechs Cent vorgeschlagen hat. Gefördert werden sollen stromintensive Unternehmen, die im Bereich der sogenannten Transformation arbeiten, also etwa Batterien, Windräder oder Wärmepumpen herstellen.
Mit der vorübergehenden Subventionierung soll angesichts der derzeit vergleichsweise hohen Energiekosten in Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gestärkt werden.
Scholz befürchtet "Strohfeuer"
Scholz hatte sich erst in der vergangenen Woche erneut skeptisch zu einem Industriestrompreis geäußert. "Ein schuldenfinanziertes Strohfeuer, das die Inflation wieder anheizt, oder eine Dauersubvention von Strompreisen mit der Gießkanne können wir uns nicht leisten und wird es deshalb auch nicht geben", sagte er. "Das wäre ökonomisch falsch, fiskalisch unsolide und würde sicherlich auch falsche Anreize setzen."
Darauf geht das SPD-Positionspapier nun ein. Es sieht eine Befristung von zunächst fünf Jahren vor, in denen der Ausbau Erneuerbarer Energien forciert werden soll. Bereits nach zwei Jahren soll der Preis von fünf Cent überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Nach vier Jahren soll dann entschieden werden, ob eine Verlängerung der Frist nötig ist.
Unterstützung für die Energiewende
"Niemand will Dauersubventionen noch ein Strohfeuer - es geht darum, unsere Wirtschaft klug zu unterstützen und den Ausbau der Erneuerbaren zu beschleunigen", sagte SPD-Fraktionschef Mützenich den Funke-Zeitungen.
Finanziert werden soll der "Transformationsstrompreis" nach den Vorstellungen der SPD-Fraktionsspitze über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds - einen Sondertopf des Bundes, aus dem die Energiepreisbremsen gezahlt werden. Die Kosten dafür sind aber deutlich geringer als erwartet.