Diskussion über Strompreiszonen "Dagegen werden wir mit aller Macht kämpfen"
Parteiübergreifend sind sich sechs Landesregierungen aus dem Süden und Westen einig: Deutschland brauche einen Industriestrompreis. Eine "Katastrophe" wäre hingegen eine Aufteilung in Strompreiszonen.
Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und des Saarlands fordern, schnell einen Industriestrompreis einzuführen.
Außerdem richten sie sich gegen Vorschläge aus Norddeutschland, Deutschland in Strompreiszonen aufzuteilen. Das geht aus einem gemeinsamen Papier der Regierungschefs Winfried Kretschmann (Grüne), Markus Söder (CSU), Boris Rhein, Hendrik Wüst (beide CDU), Malu Dreyer und Anke Rehlinger (beide SPD) hervor, das dem SWR vorliegt.
Industriestrompreis für Unternehmen und Mittelstand
Ein Industriestrompreis solle nach dem Auslaufen der Strompreisbremse der energieintensiven Industrie und dem Mittelstand auf ihrem Weg zur Klimaneutralität helfen, heißt es in dem Papier.
Er dürfe allerdings nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen, müsse befristet und zudem "rechtssicher, einfach und unbürokratisch" sein, heißt es weiter. Ein konkreter Betrag wird in dem Papier nicht genannt.
Industriestrompreis sorgt für Streit in der Ampel
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte vor kurzem einen Vorschlag für einen Industriestrompreis gemacht. Danach sollen die im internationalen Vergleich hohen Preise für Chemie- oder Stahlbetriebe auf höchstens sechs Cent pro Kilowattstunde gedeckelt werden. Um Anreize zur Effizienz zu schaffen, soll nach Habecks Plänen der vergünstigte Preis nur für 80 Prozent des Verbrauchs gelten.
Habecks Pläne haben für Streit in der Ampel gesorgt. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sieht keinen finanziellen Spielraum für den Vorschlag.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann - einer der Initiatoren des Papiers - sagte dem SWR, ein Industriestrompreis sei für eine Übergangszeit von "einigen Jahren" wichtig, "bis eben der Hochlauf der Erneuerbaren an Fahrt aufgenommen hat". Laut Kretschmann besteht sonst die Gefahr, "dass wichtige Unternehmen abwandern".
Verschiedene Strompreiszonen "eine Katastrophe"
Zudem sprechen sich die sechs Regierungschefs für den "Erhalt der liquiden deutschen Strompreiszone" aus und reagieren damit auf einen Vorschlag der norddeutschen Bundesländer im vergangenen Jahr, Deutschland in verschiedene Preiszonen beim Strom aufzuteilen.
Hintergrund des Vorschlags war, dass die norddeutschen Länder sich gegenüber dem Süden benachteiligt fühlen. Sie trügen einen hohen Anteil der erneuerbaren Energien wie etwa Windenergie und müssten gleichzeitig die hohen Strompreise verkraften, hieß es.
Die sechs Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten befürchten bei einer Aufteilung in verschiedene Strompreiszonen eine "Schwächung der wirtschaftlich starken Länder des Südens und des Westens". Dies könne nicht im Interesse der Bundesregierung und auch nicht der norddeutschen Länder sein, heißt es in dem Papier. So stünden einer möglichen Reduzierung der Börsenstrompreise einer Zone höhere für die Stromverbraucher einer anderen gegenüber, zudem seien kleine Märkte ineffizienter als große, so dass große Marktteilnehmer ihre Marktmacht besser zulasten der Verbraucher ausspielen könnten, heißt es weiter.
"Dagegen werden wir mit aller Macht kämpfen", sagte Kretschmann dem SWR. "Deutschland ist ein einheitlicher Wirtschaftsraum, das wäre absolut kontraproduktiv, die industriellen Zentren dafür zu bestrafen. Dagegen leisten wir Widerstand." Auch Jan Stefan Roell, Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer Baden-Württemberg, sagte dem SWR, getrennte Strompreiszonen seien "eine Katastrophe. Es darf nicht sein. Wir dürfen uns nicht auseinanderdividieren lassen".
Habeck: "Frage nach Preiszonen kann nochmal eine Rolle spielen"
Auf SWR-Nachfrage an Bundeswirtschaftsminister Habeck, wie er zu unterschiedlichen Preiszonen für Strom stehe, sagte er: "Das ist im Moment keine Debatte, die ich führe." Es gebe Länder wie Italien mit unterschiedlichen Strompreiszonen, die so gering beieinander seien, dass man da fast keinen Effekt merke.
Allerdings schränkte er ein: "Wir bauen Stromnetze aus, wir verbinden das ganze Land und die Frage kann nochmal eine Rolle spielen, wenn wir überlegen, wie der Strommarkt 2030 organisiert ist."
Länder wollen schnellen Ausbau der Stromübertragungsnetze
In ihrem gemeinsamen Papier fordern die Länder außerdem, dass die Bundesnetzagentur schnell den Netzausbau vorantreibe. Außerdem müsse für ganz Deutschland das gleiche Tempo beim Wasserstoff und dem Aufbau von Wasserstoffnetzen gelten.