"Wachstumschancengesetz" Kopfschütteln über die Unions-Blockade
Die Wirtschaft lahmt, die Politik streitet weiter: Im Bundestag hat Wirtschaftsminister Habeck ein Ende der Unions-Blockade beim "Wachstumschancengesetz" gefordert. Das wollen auch BDI und Mittelstand. Doch die Union bleibt beim Nein.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat die Union zu einem Ende der Blockade beim Wachstumspaket aufgefordert. "Hören Sie auf die Wirtschaftsverbände und geben Sie dem 'Wachstumschancengesetz' endlich grünes Licht", sagte der Grünen-Politiker im Bundestag.
Union setzt auf Widerstand
Doch danach sieht es momentan nicht aus: Die Union will auch nach der Sitzung im Vermittlungsausschuss, der ohne Einigung auseinandergegangen war, bei ihrem Nein bleiben. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt machte zur Bedingung für eine Zustimmung, dass die Ampel ihre Einschnitte für die Landwirtschaft zurücknimmt. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder will bei einer Abstimmung im Bundesrat nicht für das "Wachstumschancengesetz" stimmen. Söder beklagte, dass es beim Streit um den Agrardiesel kein Entgegenkommen gegeben habe. Bayern werde das Paket in dieser Form ablehnen. "Besonders bin ich enttäuscht von SPD-Länderkollegen, die sich sehr offen auf Demonstrationen für die Landwirtschaft eingesetzt haben und jetzt schlicht und einfach gekniffen haben, wo es ernst wird."
Hessens CDU-Ministerpräsident Boris Rhein sagte, der "Weg der Ampelregierung, einen Teil der Wirtschaft zu entlasten, indem ein anderer Teil - die Landwirtschaft - belastet wird", sei falsch. Das "Wachstumschancengesetz" müsse daher "erweitert werden um ein Entlastungspaket für unsere Bauern", sagte Rhein den Funke-Zeitungen.
Zur Verabschiedung des Gesetzes ist die Ampelkoalition in der Länderkammer auf Stimmen von Unions-geführten Ländern angewiesen. Dort soll am 22. März abgestimmt werden.
Habeck: Union macht "Voodoo-Finanzpolitik"
Wirtschaftsminister Habeck kritisierte bei der Debatte zum Jahreswirtschaftsbericht im Bundestag, Vorschläge der Union für mehr Wachstum hätten 45 bis 50 Milliarden Euro Steuerausfälle im Haushalt zur Folge - die Union habe aber keine Konzepte zur Gegenfinanzierung und wolle zugleich die Schuldenbremse einhalten. Das sei "Voodoo-Finanzpolitik".
Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr nur noch mit einem Mini-Wachstum von 0,2 Prozent. Habeck verwies erneut auf den schwachen Welthandel als Grund für die Krise. Dies belaste die exportstarke deutsche Wirtschaft.
CSU-Landesgruppenchef Dobrindt sprach von einer "wirtschaftspolitischen Bankrotterklärung der Ampelregierung". "So bekämpft man aber keine Rezession, so schafft man eine Depression im Land", sagte er im Bundestag.
Scharfe Kritik auch aus der Wirtschaft
Für die Wirtschaft ist der Streit über neue Hilfen für das Wachstum nicht nachvollziehbar. "Die Signalwirkung ist einfach katastrophal", sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm im Deutschlandfunk.
Die Verknüpfung von Wirtschaftshilfen mit Einschnitten bei der Landwirtschaft kann der BDI-Präsident nicht nachvollziehen und nannte es "eine sehr schwierige Argumentation." Es könne auch nicht sein, dass Unternehmen in Deutschland etwa ein Drittel mehr Steuern zahlten als in anderen EU-Ländern. Zudem sieht Russwurm die Höhe der geplanten Unterstützung kritisch: "Aus dem Gesetz ist ein Gesetzchen geworden, nein: ein Gesetzchenentwurf." Die Verhandlungspartner im Vermittlungsausschuss hatten das ursprünglich geplante Volumen der geplanten Entlastungen im Wachstumschancengesetz halbiert, weil die Länder die Kosten nicht mittragen wollten.
Die fortwährende Blockade durch das Oppositionslager für die Wirtschaftsförderung sei ein "verheerendes Signal", kritisierte auch der Mittelstandsverbund. Unternehmen verschiedener Branchen würden gegeneinander ausgespielt. Wichtige steuerliche Entlastungen für die Unternehmen, die gerade jetzt dringend nötig wären, stünden gänzlich auf der Kippe. Der Mittelstand dürfe von der Politik nicht in Geiselhaft genommen werden. "Es ist eine Farce, wenn sich die Politik zwar einig ist, dass es jetzt wachstumsfördernde Maßnahmen braucht, viele Länder aber dennoch selbst geringe steuerliche Entlastungen blockieren", sagte Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer des Mittelstandsverbundes.