Bundesparteitag der Liberalen Lindner schwört FDP auf "Wirtschaftswende" ein
Für FDP-Chef Lindner ist die Zielsetzung klar: Deutschland braucht eine Umkehr in der Wirtschaftspolitik. Beim Bundesparteitag in Berlin schwört er die Liberalen daher auf die Wende ein, die er als Heilmittel für viele Probleme darstellt.
Unter wachsendem bundespolitischen Druck hält die FDP in Berlin ihren Parteitag ab. In den Eröffnungsreden der Parteispitze wurde deutlich: Es geht den Liberalen - wie bereits in den vergangenen Wochen - vor allem um die Schärfung ihres wirtschaftspolitischen Profils.
So forderte Parteichef und Bundesfinanzminister Christian Lindner eine Wende in der deutschen Wirtschaftspolitik. Dies sei neben der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands auch für die soziale Gerechtigkeit sowie für den Kampf gegen demokratiefeindliche Bestrebungen im Land essentiell.
Lindner kritisierte unter anderem die aufwendigen deutschen Genehmigungsverfahren für Start-Ups, die viele Unternehmer daran hinderten, in Deutschland zu investieren. "Wir haben die Köpfe, wir haben das Know-How, wir haben das Kapital, aber unser Land steht sich zu oft selbst im Weg", so der FDP-Vorsitzende.
"Gebot sozialer Gerechtigkeitspolitik"
Die Wachstumsperspektive brauche es auch, um die vielen Menschen zu erreichen, die mit ihrer Lebenssituation unzufrieden seien und etwas verbessern wollten. "Die stagnierende Gesellschaft führt zu einem hart ausgefochtenen Ellbogen-Wettbewerb", führte Lindner aus. Daher sei wirtschafts- und wachstumsfreundliche Politik "ein Gebot sozialer Gerechtigkeit".
Zugleich wandte sich Lindner erneut gegen das Konzept der Kindergrundsicherung seiner Kabinettskollegin - Familienministerin Lisa Paus. Ihre Pläne "hätten den Status der Absurdität erreicht". "Wäre es nicht besser, diese Milliarden einzusetzen in mehr qualitätsvolle Kinderbetreuung, damit niemand mehr gegen seinen Willen in Teilzeit verbleiben muss?", fragte der Finanzminister in den Saal.
Er verlangte auch die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Die Erfolgswahrscheinlichkeit der Klagen dagegen sei "nicht von der Hand zu weisen". "Bevor wir uns von Karlsruhe aus Rechtsgründen dazu zwingen lassen, sofort und ohne Plan auf den Soli verzichten zu müssen, sollten wir lieber die klare politische Entscheidung treffen, planvoll Schritt für Schritt auf ihn zu verzichten", schlug Lindner vor. Der Soli sei inzwischen für Mittelstand, Handwerk und Industrie eine Sondersteuer auf wirtschaftlichen Erfolg geworden, die sich Deutschland nicht mehr leisten könne.
Wettbewerb soll Markt regulieren
Wirtschaftliche Unsicherheit sei ein Nährboden für das Aufsteigen demokratiefeindlicher Bestrebungen. Mit Blick auf die AfD sagte Lindner: "Die Wirtschaftswende ist das beste Demokratiefördergesetz, das man haben kann."
Der Weg zu dieser Wende führt für Lindner aber nicht über neue Schulden und neue Subventionen. Erneute wandte sich der Finanzminister daher gegen die Abkehr von der Schuldenbremse. "Die Schuldenbremse ist eine Inflationsbremse und deswegen sollten wir sie ohne Not nicht aufgeben." Die zukünftige Wirtschaftsstruktur sollte nicht von Politikern und Beamten bestimmt werden, sondern vom marktwirtschaftlichen Wettbewerb, unterstrich der Minister.
Lindner sagt Ukraine volle deutsche Unterstützung zu
Wachstum sei auch "kein Selbstzweck", sondern habe "einen tieferen Sinn", betonte Linder zugleich mit Blick auf Kriege und geopolitische Krisen auf der Welt. Russlands Präsident Wladimir Putin habe zwar die Ukraine angegriffen, "er meint aber uns alle und unsere Lebensweise". Der FDP-Chef sagte Kiew weiter die volle Unterstützung Deutschlands zu. Diese und auch die Finanzierung der deutschen Wehrausgaben könne langfristig aber "nicht auf Pump erfolgen", sagte Lindner. "Dafür brauchen wir unsere Wirtschaftsleistung."
Strack-Zimmermann kritisiert von der Leyen
Auch die FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, bezog sich in ihrer Rede auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Aktuell frage die ukrainische Führung die Verbündeten zurecht, warum Israel gegen einen Luftangriff des Iran geschützt werden könne, das von Russlands Präsident Wladimir Putin aber täglich angegriffene Land nicht. Strack-Zimmermann kritisierte: "Es ist ein Fehler, es immer wieder öffentlich zu betonen, was wir nicht bereit sind zu tun, weil wir für Putin komplett berechenbar geworden sind." Bundeskanzler Olaf Scholz etwa lehnt die Lieferung von deutschen Taurus-Marschflugkörpern nach wie vor kategorisch ab.
Strack-Zimmermann kritisierte zudem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie warf ihr unter anderem vor, sich im Amt nicht ausreichend für die militärische Zusammenarbeit und Stärkung in der EU eingesetzt zu haben. "Als ehemalige Verteidigungsministerin hat Frau von der Leyen sich nicht um die Sicherheit Europas gekümmert, obwohl die Signale aus den Vereinigten Staaten eindeutig waren, dass die Europäische Union auch innerhalb der NATO mehr liefern, mehr tun muss."