Reaktionen auf FDP-Papier Koalitionspartner verschnupft, Opposition frohlockt
Mit zwölf Punkten will die FDP der Wirtschaft neuen Schwung verleihen, dafür setzt sie auch auf Sozialkürzungen. Die SPD spricht von "Parteitagsfolklore", die Grünen demonstrieren Gelassenheit - und die Opposition frohlockt.
Das 12-Punkte-Papier der FDP sorgt für Diskussionen in der Ampelkoalition. Für die Opposition ist das ein willkommener Anlass, Kritik zu üben. "Das ist schon ein außergewöhnlicher Vorgang", sagte Carsten Linnemann, Generalsekretär der CDU. Wenn die FDP heute verkünden sollte, dass sie austritt, dann sei die CDU "aus dem Stand fähig, einen Wahlkampf zu führen", sagte Linnemann. "Personell, finanziell und organisatorisch."
Zuvor hatte auch schon Sahra Wagenknecht Neuwahlen gefordert und CSU-Chef Markus Söder das 12-Punkte-Papier der FDP als "Scheidungsurkunde" bezeichnet.
Profilschärfung vor dem Parteitag
Doch geht es der FDP mit ihren Forderungen zu einer Wirtschaftswende wirklich darum, die Koalition zu sprengen? Naheliegender ist es, dass die FDP vor ihrem Parteitag am Wochenende ihr eigenes Profil schärfen möchte. "Ich bin nicht aufgewacht morgens mit dem Ziel, irgendjemanden in diesem Land zu provozieren", beteuerte dann auch Bijan Djir-Sarai, Generalsekretär der FDP, kurz nachdem die Parteispitze das Positionspapier beschlossen hatte.
"Genauso wie die SPD das Recht hat, eigene Positionen zu formulieren, genauso wie die Grünen das Recht haben, eigene Positionen zu formulieren, hat auch die FDP - Überraschung - das Recht, eigene Positionen zu formulieren", erklärte der Generalsekretär. "Erst recht vor einem Parteitag der FDP."
Keine neuen Forderungen
Die Forderungen der FDP sind dabei im Kern nicht neu, jetzt sind sie aber noch einmal besonders öffentlichkeitswirksam in einem 12-Punkte-Papier zusammengefasst. Darunter: Bürokratieabbau, schnellere Baugenehmigungen, die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags und keine weitere staatliche Förderung von Erneuerbaren Energien.
Für Diskussionen sorgen vor allem folgende Punkte: Die FDP will die sogenannte Rente mit 63 abschaffen, beim Bürgergeld schärfe Sanktionen für Jobverweigerer einführen und beim Sozialstaat insgesamt auf die Bremse treten. So heißt es in dem Papier: "Wir wollen ein Moratorium für Sozialleistungen." Mindestens drei Jahre lang sollte die Politik keine neuen Sozialleistungen in Deutschland einführen, so Djir-Sarai.
Heil spricht von "Parteitagsfolklore bei der FDP"
Bei der SPD kommen die Vorschläge nicht gut an. SPD-Co-Parteichef Lars Klingbeil sagte dem Sender ntv, auch seine Partei setzte sich dafür ein, die Wirtschaft zu stärken. "Ich möchte das aber nicht mit den Konzepten der 90er-Jahre tun", sagte Klingbeil. "Ich möchte das mit einer Wirtschaftspolitik tun, die auf der Höhe der Zeit ist. Und das bedeutet, Wirtschaft und Soziales nicht gegeneinander auszuspielen."
Arbeitsminister Hubertus Heil von der SPD betonte, der Abbau von Arbeitnehmerrechten oder das Kürzen von Renten sei keine gute Idee, wenn es wirklich um Wirtschaftskompetenz gehe. "Das hat mit Wirtschaftskompetenz wenig zu tun", sagte Heil.
Aber er sehe das ganz gelassen, so der Minister. Er halte das "auch eher für Parteitagsfolklore bei der FDP, weil das wird ja nicht Wirklichkeit werden in der Regierungskoalition."
Zurückhaltende Reaktion der Grünen
Zurückhaltend fällt auch die Reaktion der Grünen aus. "Die Positionen der FDP sind nicht neu", sagte Parteichef Omid Nouripour. "Parteitage sind dafür da, Beschlüsse zu fassen und wir haben in diesen Fragen bekanntermaßen unterschiedliche Auffassungen."
Parteitagsbeschlüsse sind das eine, Vereinbarungen innerhalb der Koalition etwas anderes. Das ist richtig. Nur neue Vereinbarungen zu treffen, fällt der Ampelkoalition aktuell sichtbar schwer.