12-Punkte-Plan der FDP Sprengstoff für die Koalition
Die FDP stößt mit ihrem 12-Punkte-Plan für die Wirtschaftswende ihre Koalitionspartner vor den Kopf. Auch eine Lösung im Haushaltsstreit scheint weiter entfernt denn je. Die Union macht mit einem Antrag nun Druck.
Zahlreiche Sozialdemokraten reagieren sehr emotional darauf. Generalsekretär Kevin Kühnert sagte in einem Interview mit dem "Tagesspiegel", dass Deutschland nicht von Investmentbankern regiert werde und der FDP das Fingerspitzengefühl fehle. Auch SPD-Parteivorsitzender Lars Klingbeil erklärt, dass Politik nicht auf dem Rücken derjenigen gemacht wird, die hart arbeiten und das Land am Laufen halten.
Sie wissen den Kanzler auf ihrer Seite, der erst vor einigen Tagen bei einer SPD-Frühjahrsklausur-Tagung auf Norderney klar gemacht hat, dass an einer abschlagsfreien Rente mit 63 nicht zu rütteln ist.
Gegensätzliche Forderungen
Immer wieder wird auf den Koalitionsvertrag verwiesen - von allen Seiten. Fraglich ist allerdings, was von den Dingen überhaupt noch zählt, auf die sich die selbsternannte Fortschrittskoalition zu Beginn geeinigt hat. Denn sowohl die FDP als auch die SPD warten mit vielen Forderungen auf, die gegensätzlicher nicht sein könnten. An die Schuldenbremse wollen SPD und auch die Grünen rangehen, sie reformieren. Für die FDP ist sie unantastbar.
Sondervermögen und mehr Schulden für Zukunftsinvestitionen werden von Sozialdemokraten und Grünen gefordert - die Liberalen sehen hingegen nur noch Einsparungen im Sozialstaat als Lösung. Über allem schweben die Verhandlungen über den Haushalt, wo eine Lösung und ein Kompromiss in weiter Ferne scheint und immer nur nach ganz oben verwiesen wird: Richtung Kanzleramt.
Wenn die Ampel sich streitet, freut sich die Union
Dieser Streit und das FDP-Papier sind nun ein gefundenes Fressen für die Union. CSU-Chef Markus Söder lästert schon, bezeichnet den 12-Punkte-Plan als "Scheidungsurkunde für die Ampel". Auch Friedrich Merz fragt sich im ZDF, ob das FDP-Papier nur eine Provokation sei, um die Koalition irgendwann an den Rand des Scheiterns zu bringen. Oder ob das nun ein ernstzunehmender Korrekturversuch in der Wirtschaftspolitik der ganzen Bundesregierung sei?
Die Union lehnt sich entspannt zurück und lässt die drei Ampelparteien nun streiten. Innerparteiliche Debatten über eine Reform der Schuldenbremse in der Union fallen in der lauten Ampeldebatte erstmal nicht auf. Dabei mehren sich die Aussagen der CDU-Ministerpräsidenten, zumindest dafür offen zu sein, sich die Schuldenbremse anzusehen. Auch einer Initiative von Kai Wegner, eine Reform der Schuldenbremse per Länderinitiative über den Bundesrat durchzudrücken, ist der eine oder andere nicht abgeneigt. Aber öffentlich möchte keiner so laut darüber sprechen.
Union will Druck ausüben
Viel lieber trommelt die Union nun auch. Sie will mit einem Antrag im Bundestag am Freitag, dessen Entwurf dem ARD-Hauptstadtstudio exklusiv vorliegt, die Ampelkoalition unter Druck setzen. Darin fordert sie die Bundesregierung zum Beispiel auf, die Unternehmen zu entlasten, den Solidaritätszuschlag zumindest stufenweise zu streichen oder auch mehr Arbeitsanreize für Mehrarbeit zu setzen.
Die Union erwägt auch, namentlich darüber abstimmen zu lassen - und damit die Ampelparteien vor sich herzutreiben. "Wenn es Finanzminister Lindner ernst damit ist, eine echte 'Wirtschaftswende' herbeiführen und nicht nur ein Show-Feuerwerk vor dem Parteitag abzubrennen, sollte die Ampelregierung zügig Entlastungen von Unternehmen und Verbrauchern umsetzen", sagte Mathias Middelberg, CDU-Fraktionsvize tagesschau.de.
Ist die FDP nun isoliert?
Die FDP lässt sich von solchen Tönen nicht beirren. Sie bringt sich vor dem anstehenden FDP-Parteitag am Wochenende nun in Stellung - wissend, dass sie bei der nächsten Bundestagswahl sogar an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern könnte.
Ihr geht es erstmal darum, Themen zu finden, mit denen sie ihre Wähler, das FDP-Klientel, zurückgewinnen kann. Sie scheint damit eher auf die kommenden Wahlen zu schauen als auf die Koalition, mit der sie gerade eigentlich zusammen noch regiert.