Rechtsextremes Magazin Warum Compact vorerst wieder erscheinen darf
Das Bundesinnenministerium hatte die Compact-Magazin-GmbH und das von ihr herausgegebene Magazin verboten. Compact hatte im Eilverfahren geklagt und nun einen Teilerfolg erzielt. Warum das Magazin vorerst wieder erscheinen darf.
Juristisch wichtig ist: Es handelt sich um eine vorläufige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Bei einer solchen Eilentscheidung prüft das Gericht eine Klage noch nicht in der Tiefe. Es wägt vor allem vorläufig ab: Ist das Interesse der Compact-Magazin-GmbH, von der Pressefreiheit Gebrauch machen zu können, gewichtiger als das Interesse des Staates, mit dem Verbot verfassungsfeindliche Aktivitäten zu unterbinden?
Und das Gericht sagt ganz klar: Die Erfolgsaussichten der Klage von Compact gegen das Verbot sind in der Sache noch völlig offen. Aber bis das Gericht endgültig über das Verbot entschieden hat, überwiege das Interesse von Compact, ihr Magazin erst mal weiter herauszugeben. Hier gilt der juristische Grundsatz: Im Zweifel für die Meinungsfreiheit.
Eine Frage der Verhältnismäßigkeit
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts deute Überwiegendes darauf hin, dass die Compact-Magazin-GmbH mit vielen Beiträgen in ihrem Magazin eine "kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber elementaren Verfassungsgrundsätzen einnimmt". Es gebe Anhaltspunkte, dass Beiträge von Compact die Menschenwürde verletzen würden. So hatte auch das Bundesinnenministerium bei seinem Verbot argumentiert.
Compact hetze "auf unsägliche Weise gegen Jüdinnen und Juden, gegen Menschen mit Migrationsgeschichte und gegen unsere parlamentarische Demokratie", so die Begründung von Nancy Faesers Ministerium. Aber, so die Bundesrichterinnen und Bundesrichter in Leipzig: Es gebe im Compact-Magazin eben auch Beiträge, die in weiten Teilen in einer freien Gesellschaft erlaubt seien, weil von der Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt.
Ob der Staat in einer solchen Situation zu einem Verbot greifen müsse, sei fraglich. Man müsse da genau auf die Verhältnismäßigkeit schauen. Und ein komplettes Verbot sei immer nur der letzte Schritt. Mildere Mittel wie "presse- und medienrechtliche Maßnahmen, Veranstaltungsverbote" oder Verbote von einzelnen Äußerungen in Compact-Medien seien vorrangig. Auch das gebiete die Meinungs- und Pressefreiheit.
Skepsis bei Verbot
Viele Juristinnen und Juristen waren gegenüber einem vollständigen Verbot des rechtsextremen Magazins Compact von Anfang an skeptisch. Eine Frage war, ob man mit den Mitteln des Vereinsverbots auch ein Presseorgan ganz verbieten könne. Denn im Grundgesetz gibt es das sogenannte Zensurverbot.
Ein Verbot eines ganzen Magazins käme einer Vorabzensur von politischen Inhalten gleich. Und Inhalte könnte man wegen der großen Bedeutung der Meinungs- und Pressefreiheit eigentlich nur im Nachhinein verbieten, und nur dann, wenn sie die Menschenwürde und Persönlichkeitsrechte verletzten oder zum Beispiel beleidigend seien.
Entscheidung erst im Hauptsacheverfahren
Anders sieht es der FPD-Politiker und frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum. Er hatte zuletzt bei Legal Tribune Online geschrieben, dass das Compact-Verbot rechtmäßig sei. Seine Argumentation: Compact habe bei seinem Kampf gegen die verfassungsmäßige Ordnung längst die "Sphäre der geistigen Auseinandersetzung verlassen". Die Aktivitäten der Compact-Magazin-GmbH zielten darauf ab, die Leserinnen und Leser von Compact zu aggressivem Verhalten "bis hin zum gewaltsamen 'Systemumsturz' zu motivieren". Über Compact vernetzte sich die Neue Rechte. Es würden dort Worte publiziert, die schnell zu Taten, auch zu Gewalttaten werden könnten.
Ob es am Ende zu einem Compact-Verbot kommt oder nicht, ist nach dieser Eilentscheidung offen. Das wird das Bundesverwaltungsgericht erst in einem Hauptsacheverfahren endgültig entscheiden.