Manuela Schwesig und Hendrik Hoppenstedt
exklusiv

Vermittlungsausschuss zu Cannabisgesetz Hoppenstedt weist Blockadeabsicht zurück

Stand: 19.03.2024 01:03 Uhr

Gesundheitsminister Lauterbach fürchtet eine Blockade und Scheitern des Cannabisgesetzes durch unionsgeführte Bundesländer im Vermittlungsausschuss. Dessen Vorsitzender wehrt sich gegen die "Unterstellung" des Ministers.

Von Moritz Rödle, ARD-Hauptstadtstudio

Es ist ein ungewöhnlicher Vorgang. Der künftige Vorsitzende des Vermittlungsausschusses wendet sich in einem Brief an den Bundesgesundheitsminister, um sich gegen den Verdacht zu wehren, er wolle sein Amt parteitaktisch ausnutzen. Es geht um das Gesetz zur Teillegalisierung von Cannabis.

Am kommenden Freitag wird das Vorhaben im Bundesrat behandelt. Die Cannabis-Teillegalisierung ist aber ein Einspruchsgesetz. Die Länder können zwar den Vermittlungsausschuss anrufen. Das Verfahren könnte aus Ländersicht jedoch verpuffen. Der Bundestag dürfte den Einspruch der Länderkammer mit eigener Mehrheit zurückweisen. Die Ausgangslage ist also klar: Der Bundesrat kann zwar einen Vermittlungsausschuss beantragen, am Ende könnte das Gesetz aber trotzdem unverändert kommen. 

Daher wird im politischen Berlin seit Wochen über eine andere Möglichkeit spekuliert. Vor allem Grüne und Bundesgesundheitsministers Lauterbach befürchten ein Blockadeszenario. Am Montagabend sagte Lauterbach in der ARD-Sendung "Hart aber fair", das Gesetz stehe auf Messers Schneide: "Die Länder, die es nicht wollen, und auch Länder, die Änderungen wollen, die könnten sich verbinden, und wenn es in den Vermittlungsausschuss geht, dann gibt es als Möglichkeiten, das Gesetz, sage ich mal, am langen Arm verhungern zu lassen. Und das versuchen wir abzuwenden." 

Kretschmer kündigt Verzögerung des Gesetzes an

Das Szenario könnte so aussehen: Der kommende Vorsitzende des Vermittlungsausschusses, der CDU-Bundestagsabgeordnete Hendrik Hoppenstedt, könnte demnach das Verfahren so lange verschleppen, bis die Ampelkoalition nicht mehr genügend Zeit hätte, den Einspruch des Bundesrates zurückzuweisen. Und diese Befürchtungen haben am Wochenende neue Nahrung erhalten. Der sächsische CDU-Ministerpräsident Kretschmer schrieb beim Onlinedienst X: "Der Freistaat Sachsen wird am Freitag im Bundesrat für die Anrufung des Vermittlungsausschusses stimmen. Mein Ziel ist es, dass das Gesetz nie wieder aus dem VA herauskommt."

Aus Sicht von Grünen und SPD hat Kretschmer damit offiziell die Katze aus dem Sack gelassen und zugegeben, was bisher nur theoretisch diskutiert wurde. Die Union könnte das Gesetz im Vermittlungsausschuss tatsächlich aufhalten. Dafür müsste sie verhindern, dass es konkret verhandelt wird. Möglich wäre das, weil Termine im Vermittlungsausschuss immer im Einvernehmen der beiden Vorsitzenden beschlossen werden müssen. Auf der Länderseite verhandelt das die SPD-Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig. Für den Bundestag ist eben der CDU-Abgeordnete Hendrik Hoppenstedt zuständig. 

"Ihre Unterstellung ist haltlos, falsch und unangemessen"

Aufgrund der Spekulationen hat Hoppenstedt nun einen Brief an Bundesgesundheitsminister Lauterbach geschrieben, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Hoppenstedt weist eine Blockadeabsicht zurück. Konkret schreibt er an Lauterbach gerichtet: "Ihre Unterstellung, dass ich aus parteitaktischen Erwägungen meine Pflichten als Ausschussvorsitzender verletzen würde, ist haltlos, falsch und unangemessen."

Eine Blockade sei auch gar nicht möglich, weil bei Ladung zu einer Sitzung grundsätzlich alle Gesetze, zu denen der Vermittlungsausschuss angerufen wurde, auf die Tagesordung zu setzen seien. Ein Scheitern des Cannabisgesetzes sei also nur denkbar, wenn der Vermittlungsausschuss in dieser Legislaturperiode nicht mehr tage. "Dies wäre allein aufgrund der bisher noch nicht abgeschlossenen Verfahren und der Dauer der Legislaturperiode wohl als verfassungswidrig einzustufen", schreibt Hoppenstedt in dem Brief.

Aus Länderkreisen heißt es, das Schreiben könne auch als Versuch gewertet werden, die Anrufung des Vermittlungsausschusses zu retten. Nach dem Tweet des sächsischen Ministerpräsidenten Kretschmer seien bei einigen Grünen in den Ländern nämlich Zweifel aufgekommen, ob man das Risiko eingehen könne, in den Vermittlungsausschuss zu gehen, oder ob das Gesetz dann drohe, komplett zu scheitern. Ohne die Stimmen der grün mitregierten Länder gäbe es aber keine Mehrheit für den Vermittlungsausschuss am Freitag.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 18. März 2024 um 23:20 Uhr.