Fördergeldaffäre Ministerium will Kurznachrichten nicht herausgeben
Bildungsministerin Stark-Watzinger steht in der sogenannten Fördergeldaffäre weiter unter Druck. Chatnachrichten, die sich Mitglieder der Leitungsebene geschrieben haben, will ihr Ministerium nun nicht freigeben.
Es klingt durchaus höflich, wie der Brief des Bundesbildungsministeriums an Arne Semsrott von "Frag den Staat" formuliert ist. "Vielen Dank für Ihren Antrag auf Informationszugang vom 24. Juni 2024 hinsichtlich der Kommunikation über den Messengerdienst "Wire" zum öffentlichen Dienst vom 8. Mai 2024. Leider kann ich Ihrem Auskunftsbegehren nicht nachkommen."
Der Antrag werde abgelehnt, der Bescheid sei kostenfrei. Es geht dabei um die Chatnachrichten, die sich die Mitglieder der Leitungsebene des Bundesbildungsministeriums Anfang bis Mitte Mai geschrieben haben - mutmaßlich brisante Nachrichten. Der "Spiegel" hat schon einige veröffentlicht.
Bemerkenswerte Begründung
Die Begründung, warum das BMBF diese Nachrichten nicht freigeben möchte, ist dabei durchaus bemerkenswert. Im Brief heißt es: "Die erbetenen Nachrichten des Messengerdienstes 'Wire' stellen keine amtlichen Informationen i.S.d. §2 Nr. 1 IFG dar."
Was bedeutet das? In § 2 des Informationsfreiheitsgesetzes werden "amtliche Information" so definiert: nämlich als "jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung." Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen, gehörten nicht dazu.
Das Ministerium fügt einen weiteren Satz an: "Private Informationen oder solche, die nicht mit amtlicher Tätigkeit zusammenhängen, werden ebenfalls nicht erfasst."
Es folgt ein Satz, mit dem sich ein Großteil der bisherigen Verteidigungsstrategie von Ministerin Bettina Stark-Watzinger in der sogenannten Fördergeldaffäre zusammenfassen lässt. "Chatnachrichten dienen der informellen, persönlichen Kommunikation und werden in der Regel nicht ausgedruckt und zur Akte genommen, sondern bilden - wie Telefonate - lediglich den Anlass für eine Aufzeichnung."
Wer entscheidet, was privat ist und was nicht?
Die entscheidende Frage ist allerdings: Wer entscheidet denn, was privat ist - und was möglicherweise doch zu einer amtlichen Kommunikation, gerade in einem Ministerium, dazugehört, also "aktenrelevant" ist - gerade in so einem umstrittenen Fall wie der "Fördermittelaffäre"?
So wie es momentan aussieht, will ausschließlich das Ministerium bestimmen, was amtliche Kommunikation des Ministeriums ist und was nicht, und wäre das so, dann befände sich das Bundesbildungsministerium in einer komfortablen Situation.
Semsrott von "Frag den Staat" allerdings klingt am Telefon fassungslos über diesen Brief. Und meint: "Es ist absurd, dass das Bundesbildungsministerium Nachrichten der Bildungsministerin nicht für aktenrelevant hält. Das Ministerium muss jetzt aufhören zu mauern und endlich für Aufklärung sorgen."
"Frag den Staat" hat Widerspruch eingelegt
Die Informationsplattform "Frag den Staat" hat jedenfalls Widerspruch eingelegt und will dann gegen das Bundesbildungsministerium auf Herausgabe der Chatnachrichten klagen. In Sachen einer möglichen Löschung der Nachrichten hatte das Portal ja einen so genannten "Hängebeschluss" erreicht; vorläufig dürfen keinerlei "Wire"-Nachrichten gelöscht werden, hatte das Verwaltungsgericht Köln geurteilt.