Landtagswahl in Bayern Servus FDP?
Bayerns FDP will im Landtag bleiben und auch gerne mitregieren, doch sie könnte an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Das hat mit der Ampel im Bund zu tun - aber nicht nur.
"Servus Zukunft" - so lautet der zentrale Slogan der bayerischen FDP im Landtagswahlkampf. Die Liberalen wollen frisch wirken, reformbereit, kompetent. Bei der Präsentation der Wahlkampagne fuhr Spitzenkandidat Martin Hagen in einem DeLorean vor, den Älteren bekannt aus dem Kinohit "Zurück in die Zukunft". Das kann man passend nennen - oder darauf hinweisen, dass der Film gut 40 Jahre alt ist.
Ob die FDP ihre Lust aufs Morgen auch im nächsten Landtag zeigen darf, steht jedoch in den Sternen. In Umfragen lag die Partei zuletzt unter der Fünf-Prozent-Hürde, im ARD-BayernTrend waren es vier Prozent. Von einer "Jetzt-erst-recht-Stimmung" ist in der Partei zu hören, auf den letzten Metern wollen die Liberalen noch möglichst viele Unentschlossene von sich überzeugen.
Martin Hagen: Guter Redner, aber unbekannt
Im Mittelpunkt des FDP-Wahlkampfs steht Martin Hagen: Spitzenkandidat, Landeschef, Fraktionsvorsitzender. Der 42-Jährige ist einer der besten Redner im bayerischen Parlament, mangelnde Eloquenz und Schlagfertigkeit sind nicht sein Problem. Wohl aber seine Bekanntheit: Zwei von drei Menschen in Bayern kennen Hagen nicht oder haben keine Meinung zu seiner Arbeit.
An Hagens Pensum liegt das nicht: Wahlkampf in Bayerns Städten, Social Media, Interviews - Hagen versucht alles. Allerdings ist die Personaldecke der FDP dünn. Der bekannteste bayerische Abgeordnete dürfte "Focus"-Gründer Helmut Markwort sein, 86 Jahre alt. Er kandidiert erneut. Für die FDP in den Landtag will auch Susanne Seehofer, Tochter des früheren CSU-Chefs.
FDP-Bilderbuchkarriere
Die Laufbahn von Spitzenkandidat Hagen könnte derweil im FDP-Bilderbuch stehen: Mit 17 ging er zu den Jungen Liberalen, wurde später Landesvorsitzender. Sein Vater ist bei der SPD, Sohn Martin tickt politisch anders. Freiheit und Eigenverantwortung seien ihm wichtiger gewesen als "soziale Gleichmacherei", sagt er.
In München studierte Hagen Politik, Wirtschaftsgeschichte und Psychologie. Er arbeitete einige Zeit als Pressesprecher der FDP-Bundestagsfraktion in Berlin, kam dann als Landesgeschäftsführer zurück nach Bayern. 2018 führte er die Liberalen nach fünf Jahren außerparlamentarischer Opposition wieder in den Landtag - ganz knapp mit 5,1 Prozent. Die Bilanz nach fünf Jahren fällt nicht schlecht aus: Die zwölfköpfige Fraktion gilt als fleißig und inhaltlich sattelfest.
Dass es die Liberalen in Bayern traditionell schwer haben, liegt auch an der großen Konkurrenz im sogenannten bürgerlichen Lager: CSU und Freie Wähler ziehen viele Stimmen, auch bei Selbstständigen oder anderen Gruppen, die in anderen Bundesländern vielleicht eher FDP wählen.
Dazu kommt ein strategisches Dilemma: Einerseits kritisiert die FDP in vielen Bereichen die Bilanz der CSU-geführten Staatsregierung. Andererseits will und müsste die FDP mit der CSU koalieren, um die eigenen Zukunftspläne auch umzusetzen. Schwarz-Gelb ist in Bayern dieses Mal aber unwahrscheinlich: Es könnte rechnerisch nicht reichen - und Ministerpräsident Markus Söder will ohnehin weiter mit Hubert Aiwangers Freien Wählern regieren.
The trend ist (not) your friend
Auch der Trend im Rest Deutschlands spricht gerade eher gegen die Liberalen. Bei den Wahlen in Berlin und Niedersachsen scheiterten sie an der Fünf-Prozent-Hürde. In Nordrhein-Westfalen halbierte sich die FDP vergangenes Jahr auf 5,9 Prozent. Immerhin: In Bremen gelang der Wiedereinzug zuletzt knapp.
Als die bayerischen Liberalen vor einigen Monaten ihren Wahlkampf planten, hatten sie einen Plan. Erstens: über Landespolitik sprechen, besonders über den Reformbedarf an Bayerns Schulen. Zweitens: Erfolge der FDP in der Bundesregierung herausstellen und eine Gegenerzählung zur CSU-Dauerkritik an der Ampel schaffen.
Aber es kam dann doch anders. Dass in Bayerns Klassenzimmern Handlungsbedarf besteht, von der Ausstattung bis zur Zahl der Lehrkräfte - da sind sich die meisten im Freistaat einig. Dass die FDP eine weitreichende Bildungsreform anbietet, mit einer leistungsorientierten Lehrkräfte-Bezahlung, späterem Schulstart am Morgen und viel mehr Entscheidungsfreiheiten für die einzelnen Schulen? Dringt kaum durch.
Die Ampel: mehr Mühlstein als Motor
Stattdessen geht es im Wahlkampf viel um Bundespolitik - und um die Ampel. Die Beteiligung an der Bundesregierung ist für Bayerns Liberale mehr Mühlstein als Motor. Bei vielen Anhängern ist das Bündnis unbeliebt, besonders die Grünen sieht man als Gegner, nicht als Partner. Abzuwarten bleibt, ob Christian Lindner vor diesem Hintergrund im Wahlkampf wirklich hilft - der Parteivorsitzende und Bundesfinanzminister hat am Freitag vor der Wahl noch mehrere Auftritte in Bayern.
In jedem Fall gewinnt folgende Vermutung keinen Preis für mutige Aussagen: Wenn die FDP in Bayern und vielleicht auch Hessen aus dem Landtag fliegt, leidet die Stimmung in der Ampelkoalition auf Bundesebene weiter.
Und jetzt? Im Wahlkampf-Endspurt setzen Bayerns Liberale besonders auf die ihnen zugeschriebene Wirtschaftskompetenz. Sie wollen sich als besserer CSU-Koalitionspartner präsentieren, als Alternative zu den Freien Wählern, die mit Hubert Aiwanger aus FDP-Sicht das Wirtschaftsministerium unter Wert besetzen. Auf einem der FDP-Plakate steht: "Wirtschaft anheizen - nicht die Gemüter".
Damit nochmal zum zentralen Motto des FDP-Wahlkampfs: "Servus Zukunft". Das Wörtchen "Servus" definiert der Duden wie folgt: "Freundschaftlicher Gruß beim Abschied, zur Begrüßung". Wenn es blöd läuft für die FDP, fällt ihr diese Doppeldeutigkeit am Wahlabend auf die Füße: Dann hieße es nämlich "Tschüss, Landtag".