Nach Landtagswahl Wer könnte in Bayern regieren?
Allen Umfragen zufolge wird die CSU auch bei dieser Landtagswahl in Bayern stärkste Kraft. Vermutlich läuft es dann erneut auf eine Koalition mit den Freien Wählern hinaus. Aber es gäbe auch andere Optionen.
Seit 1957 stellt die CSU in Bayern den Ministerpräsidenten - in keinem anderen Bundesland ist eine Partei ohne Unterbrechung so lange an der Macht. Mehrere Jahrzehnte war sogar eine CSU-Alleinregierung Standard: Als bisher letzter Spitzenkandidat erreichte Horst Seehofer eine absolute Mehrheit, mit ihm reagierte die Partei von 2013 bis 2018 ohne Koalitionspartner.
Seehofers Nachfolger Markus Söder holte für die CSU dann 37,2 Prozent. Es ist das schlechteste Ergebnis seit Jahrzehnten für die CSU und zu wenig für eine weitere Alleinregierung. In den vergangenen fünf Jahren bildeten die Christsozialen mit den Freien Wählern die Staatsregierung. Und nach der Landtagswahl am Sonntag?
Schwarz-Orange: CSU und Freie Wähler
Sowohl Ministerpräsident und CSU-Chef Söder als auch sein Stellvertreter Hubert Aiwanger von den Freien Wählern haben unzählige Male öffentlich erklärt, dass sie ihr Bündnis fortsetzen wollen. Vertreter beider Parteien sprechen gerne von der "Bayernkoalition", die Opposition spricht lieber von der "Spezi-Koalition". Naheliegender ist ohnehin die Verbindung der Parteifarben: Schwarz-Orange.
Die Umfragen deuten daraufhin, dass das aktuelle bayerische Regierungsbündnis erneut mit einer stabilen Mehrheit rechnen kann. Im BR-BayernTrend von Mitte September erzielte die CSU 36 Prozent, die Freien Wähler kletterten auf 17 Prozent. Zufrieden mit der Arbeit der Staatsregierung zeigten sich 51 Prozent der Befragten, 47 Prozent waren unzufrieden.
Im ARD-BayernTrend zehn Tage vor der Wahl waren die Zahlen quasi identisch. Auch hier lag die CSU bei 36 Prozent, die Freien Wähler kamen auf 16.
CSU-Alleinregierung: 40 Prozent plus X
Eine CSU-Alleinregierung scheint allen Umfragen zufolge kaum noch im Bereich des Möglichen. Dafür bräuchte die CSU deutlich mehr als 40 Prozent. Sie müsste sich also im Endspurt des Wahlkampfs nochmal gehörig steigern. Parteichef Söder selbst hat immer wieder versucht, eine solche Erwartungshaltung abzuräumen. Alleinregierungen würden vom Wähler skeptisch und als nicht zeitgemäß gesehen, sagte er etwa im Januar.
Bürgerliches Dreierbündnis: CSU, Freie Wähler und FDP
Sollte es für CSU und Freie Wähler doch nicht zu einer gemeinsamen Mehrheit reichen, käme die FDP ins Spiel. Allerdings müssten die Liberalen dazu im Landtag bleiben, was nach allen Umfragen eine knappe Angelegenheit wird. In Summe ist ein solches Dreierbündnis derzeit ziemlich unwahrscheinlich.
Schwarz-Gelb: CSU und FDP
Im Wahlkampf positionierte sich die bayerische FDP vor allem als Alternative zu den Freien Wählern. FDP-Spitzenkandidat Martin Hagen betonte bei fast jeder Gelegenheit, dass seine Partei gerne neuer Koalitionspartner der CSU werden würde.
Das Problem dabei: Die Söder-CSU will nicht. Alle Avancen der FDP wurden kühl zurückgewiesen. Und auch rechnerisch spricht laut Umfragen wenig dafür, dass es für Schwarz-Gelb reichen könnte. Zumal die Liberalen bei ihrem bisher einzigen Bündnis mit der CSU keine guten Erfahrungen gemacht haben: Nach fünf Jahren gemeinsamer Staatsregierung mit der CSU flogen sie 2013 aus dem Landtag.
Schwarz-Grün
"Es wird definitiv in Bayern kein Schwarz-Grün geben": Dieser Satz gehörte im Wahlkampf zu jeder Standardrede von CSU-Chef Söder. Und auch wenn die Grünen liebend gerne mitregieren würden im Freistaat - dieses Mal stehen ihre Chancen deutlich schlechter als beim vorherigen Mal. 2018 gab es nach der Wahl kurze Sondierungen, das hat Söder für dieses Mal schon ausgeschlossen.
Söders neuer antigrüner Kurs flankiert von scharfen Attacken gegen die Partei werden besonders deutlich, wenn man sich eine drei Jahre alte Wortmeldung von ihm im "Spiegel" in Erinnerung ruft. "Ich glaube, dass Schwarz-Grün einen großen Reiz hätte, weil beide politischen Kräfte die ganz großen Fragen unserer Zeit im Blick haben, wie die Versöhnung von Ökologie und Ökonomie", sagte Söder damals über die Bundespolitik.
CSU und SPD
Genauso unwahrscheinlich wie Schwarz-Grün in Bayern ist ein Bündnis von CSU und SPD nach der Landtagswahl. Zum einen könnte es möglicherweise gar nicht reichen für ein solches Bündnis, das man in Bayern wirklich nicht "Große Koalition" nennen kann. Im ARD-BayernTrend lag die SPD zuletzt bei neun Prozent. Zum anderen lässt Söder auch für Schwarz-Rot öffentlich keine Sympathie erkennen, etwa als ihm die Bayern-SPD im Zuge der Affäre um das antisemitische Flugblatt im Schulranzen von Hubert Aiwanger eine Zusammenarbeit anbot.
"Bauernhof-Koalition": Freie Wähler, SPD, Grüne
Vor gut zehn Jahren elektrisierte kurzfristig eine ganz andere Variante die bayerische Opposition: Was wäre, wenn sich SPD, Freie Wähler und Grüne gegen die CSU verbündeten? SPD-Spitzenkandidat Christian Ude besuchte damals medienwirksam den Bauernhof von Hubert Aiwanger. Aber letztlich wurde daraus nichts, denn die CSU holte die absolute Mehrheit. Aus heutiger Sicht ist eine "Bauernhof-Koalition", wie die "Süddeutsche Zeitung" damals titelte, nahezu ausgeschlossen: Aiwanger ledert bei (fast) jeder Gelegenheit gegen die Grünen.
Ein Bündnis ohne die CSU
Dies ist ein Gedankenspiel von Menschen, die mit der CSU überhaupt nichts anfangen können: Wenn ein Drittel der Bayern die Christsozialen wählen, dann stimmen ja zwei Drittel nicht für die Partei. Wäre also nicht auch ein Bündnis ohne die CSU denkbar?
Denkbar ja. Die stärkste Fraktion muss nicht automatisch den Regierungschef stellen. Sonst wäre zum Beispiel Franz-Josef Strauß 1980 Bundeskanzler geworden. Trotzdem bleibt eine CSU-freie Koalition derzeit nicht mehr als ein tollkühnes Gedankenspiel. Nicht nur, weil die CSU als stärkste Kraft traditionell für sich den Anspruch nimmt, den Ministerpräsidenten zu stellen. Auch ist ein Bündnis ohne die CSU politisch unvorstellbar - im jetzigen Landtag müssten sich dazu mehrere Parteien zusammentun, inklusive der AfD.