Christian Lindner, Robert Habeck und Olaf Scholz im Bundestag
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Haushaltskrise Welche Probleme die Ampel jetzt lösen muss

Stand: 29.11.2023 23:46 Uhr

Schafft die Regierung es, noch dieses Jahr den Etat 2024 zu beschließen? Wie wird das Milliardenloch gefüllt? An Kernversprechen will bisher keine Partei ran. Ein Koalitionsausschuss endete am Mittwoch bereits nach knapp zwei Stunden Beratung.

Wie will die Bundesregierung die Haushaltskrise lösen? Antworten darauf gibt es viele, und teils auch innerhalb der Regierungskoalition sehr unterschiedliche. Denn noch immer ist offen und heftig umstritten, welche Konsequenzen die Regierung aus dem Karlsruher Richterspruch zieht.

Das betrifft vor allem den Etat für das kommende Jahr sowie milliardenschwere längerfristige Investitionen in den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft. Zehntausende Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel, warnen Koalitionäre.

"Es sei ernsthaft und konstruktiv gewesen", Moritz Rödle, ARD Berlin, zum Koalitionsausschuss

tagesthemen, 29.11.2023 22:30 Uhr

Am Abend waren die Spitzen der drei Ampelparteien mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu Beratungen zusammengekommen. Das Treffen endete nach knapp zwei Stunden. Details oder mögliche Beschlüsse wurden zunächst nicht bekannt. Ein Überblick über die wichtigsten Themen.

Chipfabriken und Heizungsförderung: Was bleibt vom KTF?

Seit dem Verfassungsgerichtsurteil fehlen der Bundesregierung 60 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF), die schon fest für Investitionen in den kommenden vier Jahren eingeplant waren. Damit sollten unter anderem die Milliardenförderung für Chipfabriken von Intel und TSMC, die Förderung für den Austausch alter Öl- und Gasheizungen, die Sanierung der Bahn, Ladeinfrastruktur für Elektroautos und viele andere Projekte finanziert werden. Rechtsverbindlich zugesagte Mittel können 2024 auch ohne die 60 Milliarden fließen, weil der Fonds eigene Einnahmen und genug Geld hat.

Auch schon sicher: Bei der Heizungsförderung soll erstmal nicht gekürzt werden. Doch was ist mit dem Rest? Die Vorhaben beträfen den "wirtschaftlichen Kern Deutschlands", warnt Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Die Union schlägt vor, die Heizungsförderung rückabzuwickeln. Eine Möglichkeit wäre auch, über Steuererhöhungen mehr Einnahmen zu generieren - was aber die FDP rigoros ablehnt.

Wie das Milliardenloch im Etat 2024 füllen?

Das Urteil betrifft nicht nur den Klimafonds, es hat über Umwege auch ein Milliardenloch in den Etat für 2024 gerissen. Bundesfinanzminister Christian Lindner bezifferte es in einem ZDF-Interview auf 17 Milliarden Euro bei einem Haushaltsvolumen von rund 450 Milliarden Euro. Das Milliardenloch geht vor allem darauf zurück, dass die Bundesregierung den Sondertopf für die staatlichen Energiepreisbremsen auflösen muss, den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF).

Zinszahlungen daraus kommen nun auf den Kernhaushalt zu, ebenso Hilfen für Flutopfer, die bisher aus einem Sondervermögen gezahlt wurden. Außerdem muss die Regierung schon im laufenden Jahr tiefer in ihre während der Flüchtlingskrise aufgebaute Rücklage greifen. Diese Milliarden fehlen 2024 ebenfalls.

Die WSF-Auflösung hat konkrete Folgen für die Verbraucherinnen und Verbraucher: Die Energiepreisbremsen laufen Ende des Jahres aus und nicht erst wie geplant Ende März. Auch wenn die Preise inzwischen deutlich gesunken sind - die Bundesregierung hatte die Verlängerung der Bremsen als Versicherung gegen unerwartete Risiken bezeichnet.

Höhere Strompreise könnten auch aus einem anderem Grund auf die Bürger zukommen: Eigentlich hatte der Bund einen Zuschuss von bis zu 5,5 Milliarden Euro zu den Netzentgelten geplant. Das Problem: Dieser Zuschuss sollte aus dem WSF finanziert werden. Kommt das Geld nun aus dem Kernhaushalt? Scholz hat angekündigt, Schwerpunkte zu setzen und "natürlich auch Ausgaben zu beschränken". Doch was wegfallen soll, ist offen.

Die Union dagegen hat schon eine Streichliste. Darauf: Bürgergeld, Kindergrundsicherung, Sozialleistungen. Das lehnen SPD und Grüne ab. Die Grünen wollen dagegen an aus ihrer Sicht klimaschädliche Subventionen ran, etwa steuerliche Vergünstigungen für Dienstwagen.

Wie geht es weiter mit der Schuldenbremse?

Direkt nach dem Karlsruher Urteil flammte eine Debatte zur Zukunft der Schuldenbremse auf. Viele Politiker von SPD und Grünen plädieren für eine Reform, so dass der Staat für wichtige Investitionen mehr Kredite aufnehmen darf. Dann stünden Zukunftsprojekte nicht mehr auf der Kippe. Auch Ökonomen halten das für sinnvoll, sogar einzelne CDU-Ministerpräsidenten zeigten sich offen.

Die FDP jedoch besteht bislang darauf, die Regelung im Grundgesetz nicht anzutasten. Genauso sieht das CDU-Chef Friedrich Merz.

Läuft der Ampel die Zeit davon?

Die Ampelkoalition muss sich festlegen, wann der Etat für 2024 beschlossen werden soll. In diesem Jahr - was üblich wäre - bleibt nicht mehr viel Zeit. Der Bundesrat tagt regulär nur noch am 15. Dezember. Vor allem die SPD-Fraktion drängt aber auf einen schnellen Beschluss.

Hintergrund ist, dass Mittelkürzungen für Sozialverbände und andere Gruppen mit dem Etatbeschluss zurückgenommen werden sollten - ohne Beschluss müssten diese Organisationen zum Jahreswechsel möglicherweise Mitarbeiter entlassen, warnte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich.

Liegt zu Jahresbeginn kein Bundeshaushalt vor, greift die sogenannte vorläufige Haushaltsführung. Dann sind vorerst nur Ausgaben möglich, die nötig sind, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen. In der Praxis kann das Finanzministerium den Ministerien jedoch bewilligen, pro Monat einen Prozentsatz der Mittel des noch nicht verabschiedeten Haushaltsentwurfs zu nutzen.

(Quelle: dpa)

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 29. November 2023 um 10:00 Uhr.