Generalbundesanwalt Mutmaßliche syrische Kriegsverbrecher festgenommen
Die Bundesanwaltschaft hat fünf mutmaßliche syrische Kriegsverbrecher in Deutschland festnehmen lassen. Sie sollen im Auftrag der syrischen Staatsführung an der Tötung von Zivilisten beteiligt gewesen sein.
Fünf mutmaßliche syrische Kriegsverbrecher sind in Deutschland festgenommen worden. Das hat die Bundesanwaltschaft mitgeteilt. Sie sollen im Auftrag der syrischen Staatsführung von Machthaber Baschar al-Assad an der Tötung und versuchten Tötung von Zivilisten beteiligt gewesen sein.
Bei den an verschiedenen Orten in Deutschland Festgenommenen handelt es sich um die staatenlosen syrischen Palästinenser Jihad A., Mahmoud A., Sameer S. und Wael S. sowie den syrischen Staatsangehörigen Mazhar J. Die Festnahmen erfolgten in Berlin, in Frankenthal in Rheinland-Pfalz sowie in Boizenburg in Mecklenburg-Vorpommern.
Bewaffnete Miliz gegen die syrische Bevölkerung
Vier der Männer sollen im Auftrag der syrischen Staatsführung Teil einer bewaffneten Miliz gewesen sein, die im syrischen Bürgerkrieg gegen die Bevölkerung vorging. Einer der Beschuldigten soll Mitarbeiter des syrischen Geheimdienstes gewesen sein.
Die Miliz kontrollierte das Stadtviertel Al-Jarmuk in Damaskus, ein ehemaliges palästinensisches Flüchtlingslager. Es war ein Schwerpunkt der Proteste gegen den syrischen Diktator. Im Jahr 2012 sollen die Festgenommenen an der gewaltsamen Niederschlagung einer Demonstration beteiligt gewesen sein, bei der mindestens sechs Menschen starben. Sie und Mittäter hätten dabei auf Demonstranten geschossen.
Im Jahr 2013 soll es dann in Damaskus zu einer Massenhinrichtung durch den syrischen Geheimdienst von mindestens 41 Zivilisten gekommen sein. Der Hauptbeschuldigte der heute Festgenommenen soll mehrere der Opfer dem Geheimdienst übergeben haben.
Bundesanwaltschaft kann sich auf Weltrechtsprinzip stützen
Die Bundesanwaltschaft wirft den Festgenommenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vor. Außerdem wird vier Beschuldigten Folter vorgeworfen. Ein weiterer dringender Tatverdacht besteht wegen Freiheitsberaubung mit Todesfolge und Kriegsverbrechen gegen das Eigentum.
Mit den Ermittlungen gegen die Beschuldigten in Deutschland hat Generalbundesanwalt Jens Rommel die Landeskriminalämter Berlin und Rheinland-Pfalz beauftragt. Bei der strafrechtlichen Verfolgung kann sich die Bundesanwaltschaft auf das Völkerrecht und das sogenannte Weltrechtsprinzip stützen.
Danach können schwere Straftaten wie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen auch außerhalb des Landes angeklagt werden, in dem sie eigentlich begangen wurden. Der Gedanke dahinter ist: Täter sollen sich nirgendwo sicher fühlen, sie sollen auch in anderen Ländern angeklagt werden können.
Anklage vor deutschem Gericht wahrscheinlich
Die Beschuldigten werden heute und morgen einem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt. Der muss dann entscheiden, ob die Festgenommenen in Untersuchungshaft kommen. Wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind, wird es höchstwahrscheinlich zu einer Anklage vor einem deutschen Gericht kommen.
Es wäre nicht der erste Prozess. Es gab vorm Oberlandesgericht Koblenz bereits ein großes Verfahren gegen zwei Syrer, der 2022 zu Ende ging - mit hohen Haftstrafen für die Angeklagten. Dieser Prozess in Koblenz war das erste Strafverfahren weltweit, bei dem das Staatsfoltersystem in Syrien vor einem Gericht verhandelt wurde. Vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main läuft derzeit ein Prozess gegen einen syrischen Arzt. Ihm wird vorgeworfen, in einem Militärkrankenhaus syrische Oppositionelle gefoltert zu haben.
Bürgerkrieg in Syrien brach Anfang 2012 aus
Seit Ende April 2011 sei das Regime in Syrien mit zunehmend brutaler Gewalt gegen Kritiker im Land vorgegangen, erklärte die Bundesanwaltschaft. Das Ziel sei es gewesen, die damalige Protestbewegung zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zu unterdrücken und die Bevölkerung einzuschüchtern. Hierzu seien überall im Land tatsächliche oder vermeintliche Oppositionelle inhaftiert, gefoltert und häufig getötet worden.
Anfang 2012 weiteten sich die Spannungen in Syrien zu einem großflächigen Bürgerkrieg aus, bei dem sich insbesondere die staatlichen syrischen Kräfte und bewaffnete oppositionelle Gruppierungen bekämpften.
Mit Informationen von Max Bauer, ARD-Rechtsredaktion