UN-Menschenrechtsrat "Syrien braucht dringend einen Waffenstillstand"
Seit fast 13 Jahren herrscht Krieg in Syrien - seit einigen Monaten haben die Kampfhandlungen wieder zugenommen. Die Weltöffentlichkeit nimmt davon aber kaum Notiz, sogar die UN mussten ihre Hilfen zurückfahren.
Im Schatten des Krieges im Gazastreifen droht die Situation in Syrien aus dem Blickfeld zu geraten. Dort hat die Gewalt des jahrelangen Krieges zuletzt deutlich zugenommen. "Seit Oktober ist es in Syrien zur größten Eskalation der Kämpfe seit vier Jahren gekommen", sagte Paulo Pinheiro, Vorsitzender der Syrien-Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrates.
"Auch Syrien braucht dringend einen Waffenstillstand", forderte Pinheiro vor dem Hintergrund der Verhandlungen über eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas. Die Lage in Syrien eskalierte nach einem Angriff auf eine Militärakademie mit Dutzenden Toten Anfang Oktober.
Laut dem jüngsten Bericht der Syrien-Kommission bombardierten syrische und russische Streitkräfte daraufhin mindestens 2300 Ziele in Gebieten, die von der syrischen Opposition kontrolliert werden. Mehr als 500 Zivilisten seien getötet oder verletzt worden, etwa 120.000 Menschen seien geflüchtet, hieß es.
Mehr Asylanträge in Europa
"Es sollte niemanden überraschen, dass die Zahl der syrischen Asylbewerber in Europa im vergangenen Oktober den höchsten Wert in sieben Jahren erreicht hat", sagte Kommissionsmitglied Hanny Megally. Seit dem Beginn des aktuellen Konfliktes im Gazastreifen sind die regionalen Spannungen auch auf Syrien übergeschwappt.
Der Bericht verwies auf israelische Angriffe auf Ziele mit Verbindungen zu seinem Erzfeind Iran und von gegenseitigen Attacken von pro-iranischen Milizen und US-Kräften in Syrien. Hinzu kommen türkische Militäroperationen gegen die von Kurden angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), Gefechte zwischen SDF und Milizen sowie ein Anstieg von Angriffen durch die Terrorgruppe IS.
In dieser komplexen Konfliktsituation seien vermutlich Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung verübt worden, die zudem unter flächendeckender Armut und Gesetzlosigkeit leide. "Das syrische Volk kann keine weitere Verschärfung dieses verheerenden, anhaltenden Kriegs erdulden", sagte Pinheiro.
Spendenbereitschaft geht immer weiter zurück
Als Beginn des Syrien-Konflikts gilt der 15. März 2011. Damals protestierten Menschen gegen das Regime von Machthaber Baschar al-Assad, das mit grausamer Härte reagierte. Das Hilfsbündnis "Aktion Deutschland Hilft" beklagt, dass die Spenden für die Menschen in Syrien immer weiter zurückgingen. Im vergangenen Jahr sei weniger als eine halbe Million Euro gespendet worden, teilte das Bündnis mit. Vor zehn Jahren seien es noch 2,5 Millionen Euro gewesen.
Auch von öffentlicher Seite nehme die Unterstützung ab. Durch den andauernden Krieg und das schwere Erdbeben im Nordwesten Syriens vor gut einem Jahr sei die Not der Menschen so groß wie nie. Die nachlassende finanzielle Unterstützung hat demnach direkte Auswirkungen. So habe das Welternährungsprogramm der UN zu Beginn des Jahres sein größtes Hilfsprogramm eingestellt. Davon betroffen seien 3,2 Millionen Menschen in Syrien.
Die Hauptgeschäftsführerin des Bündnisses, Maria Rüther, warnte davor, die Menschen aufzugeben: "Die Menschen in Syrien und Geflüchtete, die nach Jahren der Vertreibung in ihr Land zurückkehren möchten, brauchen eine Perspektive."