Kritik des Internationalen Strafgerichtshofs an UN Syrische Kriegsverbrecher - ein Fall für Den Haag?
In Syrien gibt es immer mehr Kriegsverbrechen - von beiden Seiten. Das ist das Ergebnis eines Berichts der Syrien-Kommission. Dem UN-Sicherheitsrat warf Kommissions-Mitglied del Ponte Untätigkeit vor. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag sei besser geeignet, die Taten zu verfolgen.
Von der UN beauftragte Experten haben eine steigende Zahl von Kriegsverbrechen im Syrien-Konflikt angeprangert. Es sei an der Zeit, dass der Internationale Strafgerichtshof (ICC) Ermittlungen aufnehme, sagte die UN-Sonderermittlerin für Syrien, Carla del Ponte, in Genf bei der Vorstellung eines Berichts zur Lage in Syrien. Auf beiden Seiten nähmen "Radikalisierung und Militarisierung deutlich zu". Der Kommission gehört seit einigen Wochen auch Carla del Ponte an, die Ex-Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes für das ehemalige Jugoslawien.
Es sei unglaublich, dass der UN-Sicherheitsrat zum Syrien-Konflikt keine Entscheidung getroffen habe, sagte del Ponte. Mehrere Vorstöße für Resolutionen des höchsten UN-Gremiums waren am Syrien-Verbündeten Russland und an China gescheitert. Die UN-Experten könnten nicht über die Beauftragung des Internationalen Strafgerichtshofs entscheiden, sagte del Ponte unter Hinweis auf die beschränkten Vollmachten der Experten. "Aber wir drängen die internationale Gemeinschaft zum Handeln, weil es Zeit zum Handeln ist."
Der am Montag vorgestellte 131-Seiten-Bericht ist die Erweiterung eines Berichts vom August 2012. Damals wurden bereits rund tausend Zeugenaussagen berücksichtigt, inzwischen stieg die Zahl auf etwa 1500. Die Experten konnten Syrien nicht bereisen, sondern mussten sich auf die im Ausland zugänglichen Zeugen konzentrieren.
UN: Auch Rebellen haben Kriegsverbrechen begangen
Die Vorwürfe gegen Soldaten und Milizionäre von Präsident Baschar al-Assad reichen von Massenmord, Hinrichtungen ohne Gerichtsverfahren bis zu systematischen Angriffen auf Zivilisten. Sie hätten Menschen angegriffen, die vor Bäckereien anstanden oder Tote zu Grabe trugen. "Die syrischen Streitkräfte haben die Strategie angewandt, die Zivilbevölkerung in den von Regierungsgegnern kontrollierten Regionen durch Beschuss und Heckenschützen zu töten, verstümmeln, verletzen und terrorisieren", heißt es in dem Bericht.
"Wir können die hochrangig Verantwortlichen hinter den Verbrechen benennen, diejenigen, die entscheiden, organisieren und planen", sagte del Ponte. Eine Liste der Verantwortlichen werde im März UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay übergeben. Vorab wollte del Ponte nicht enthüllen, wer auf der Liste steht. Die UN schätzen, dass bis zu 70.000 Menschen getötet wurden. Hunderttausende sind auf der Flucht.
Eine Aufhebung des Waffenembargos gegen die Rebellen lehnt die Mehrheit der EU-Staaten weiter ab. Mehrere EU-Außenminister warnten in Brüssel, der von Großbritannien befürwortete Schritt würde eine politische Lösung torpedieren. Sämtliche Sanktionen gegen die Assad-Regierung wie das Waffen- und Ölembargo enden zum 1. März.