Brexit-Sondergipfel Briten auf dem "Schleudersitz"
Der EU-Sondergipfel könnte heute einer Verlängerung des Brexit-Aufschubs zustimmen. Doch in Brüssel zeigt sich auch: Die Regierungschefs sind mit ihrer Geduld langsam am Ende.
Ein ungeregeltes Ausscheiden Großbritanniens aus der EU wird immer unwahrscheinlicher. Der Entwurf für die Gipfel-Erklärung sieht zwar noch keinen Termin vor. Ein Brexit zum Ende des Jahres scheint derzeit allerdings die wahrscheinlichste Variante zu sein, auf die sich die 27 EU-Regierungen heute einigen könnten, sagt ARD-Korrespondentin Gudrun Engel. "Man kann davon ausgehen, dass der harte Brexit am 12. April nicht kommen wird."
"Schleudersitz"-Klausel vorgesehen
Laut Gipfelentwurf könnte Großbritannien auch vor Ende des neuen Brexit-Termins ausscheiden, wenn die Ratifizierung des Austrittsabkommens erfolgt. Das Austrittsdatum wäre damit flexibel.
Das Misstrauen allerdings scheint groß: Belgien fordert ein automatisches Ausscheiden Großbritanniens, falls es während der Verlängerungsphase gegen Interessen der Europäischen Union verstoße. Nötig sei "große Klarheit" darüber, wie Großbritannien sich in dieser Zeit verhalten werde, sagte der belgische Regierungschef Charles Michel dem Radiosender Bel RTL. Er sprach von "Bedingungen", die bei Nichteinhaltung "automatisch zum Ende der Präsenz Großbritanniens innerhalb der EU führen".
Die Verlängerung dürfe nicht dazu dienen, "das ordentliche Funktionieren der Unionsinstitutionen zu untergraben", heißt es nach AFP-Informationen auch im Entwurf der Gipfelerklärung. Hier ist bereits eine "Schleudersitz"-Klausel vorgesehen, wenn Großbritannien nicht an der Europawahl Ende Mai teilnimmt. Das Land würde dann zum 1. Juni automatisch aus der EU ausscheiden.
Drei Termine in der Diskussion
Nach Angaben der ARD-Studios Brüssel werden derzeit noch zwei weitere Austrittstermine diskutiert. So könnte ein Ausscheiden Ende März 2020 ebenso infrage kommen wie ein Brexit Ende 2020. Klar sei, dass Großbritannien im Falle einer Verlängerung an der EU-Wahl ab 23. Mai teilnehmen müsste.
Deshalb gebe es noch Unbehagen und die Befürchtung, dass die Briten wichtige Entscheidungen in der EU blockieren könnten, so ARD-Korrespondentin Engel. Zudem gebe es noch rechtliche Unklarheiten in der Frage, was nach dem Brexit mit den EU-Mandaten Großbritanniens passiere - und welche Abgeordnete aus welchen Staaten etwa nachfolgten.
Die Staats- und Regierungschefs der EU wollten jedoch keinesfalls für einen ungeregelten Brexit verantwortlich sein, so Engel. Vordringliches Ziel sei es, die harte Grenze auf der irischen Insel zu vermeiden, um den Frieden nicht zu gefährden.
Dennoch scheint die Geduld begrenzt: Einige Regierungschefs zeigten sich deutlich genervt, so Engel. Gerade Frankreich mahne eine schnelle Regelung an, damit sich die EU wieder auf eigentliche Reformen besinnen könne.
Die Aussicht auf eine Einigung hebt auch die Stimmung an den europäischen Börsen. DAX und EuroStoxx50 legten vor dem entscheidenden EU-Sondergipfel zu.