Anzeigen von Hasskriminalität Ermittlungen gegen Polizisten nach Böhmermann-Sendung
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, aber offenbar gibt es bei der Strafverfolgung in Deutschland Defizite. Eine Aktion des "ZDF Magazin Royale" führte nun sogar zu Ermittlungen wegen Strafvereitelung innerhalb der Polizei.
Eine Recherche-Aktion des Moderators Jan Böhmermann für seine Sendung "ZDF Magazin Royale" zur Verfolgung von Hassverbrechen im Internet hat bei Polizeibehörden in mehreren Bundesländern Konsequenzen für Beamte.
In Bremen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen einen Polizeibeamten wegen des Verdachts der Strafvereitelung. Auch in Sachsen-Anhalt wurden interne Ermittlungen ausgelöst. Seit "Bekanntwerden der konkreten Vorwürfe in der letzten Woche" werde gegen einen Beamten des Polizeireviers wegen des Verdachts der Strafvereitelung ermittelt, teilte die Polizeiinspektion Magdeburg mit.
Am Freitagabend war die Folge des "ZDF Magazin Royale" zu der Aktion online gestellt und auch im TV ausgestrahlt worden.
Meist schleppender Ermittlungsverlauf
Die Redaktion hinter Moderator Böhmermann hatte vergangenen Sommer sieben offensichtlich strafrechtlich relevante Hassbotschaften bei Polizeidienststellen in allen 16 Bundesländern angezeigt und später den meist schleppenden Ermittlungsverlauf geschildert.
Angezeigt wurden Morddrohungen ebenso wie antisemitische Inhalte und verfassungsfeindliche, rechtsradikale Symbole. In einigen Bundesländern waren die Anzeigen erst gar nicht angenommen worden.
Untersuchungen in mehreren Bundesländern
In Bremen soll der Polizist die Anzeige zwar aufgenommen, sie aber erst zwei Monate später auf Nachfrage der Anzeigenden im System erfasst haben. Nun müsse geprüft werden, warum die Sache verspätet bearbeitet wurde, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft in Bremen. Der betroffene Polizist wurde in den Innendienst versetzt, wie die Bremer Polizei bereits am Dienstag mitgeteilt hatte. Zu diesem Zeitpunkt waren die Böhmermann-Recherchen noch nicht öffentlich bekannt.
In Sachsen-Anhalt wurde ein Polizist aus Magdeburg von der Redaktion mit den Worten zitiert: "Sie haben was im Internet gefunden? Vielleicht sollten sie es mal beim Verbraucherschutz versuchen." So etwas sei "keine Polizeiarbeit", hieß es in einer Reaktion der Magdeburger Polizei: "Nach bisherigen Erkenntnissen ist hier die Entgegennahme einer Strafanzeige seinerzeit unterblieben." Der Sachverhalt werde gründlich und umfassend untersucht. Die Ermittlungen in dem konkreten Fall dauerten an.
Hessische Polizei seit Fall Lübcke sensibilisiert
Für die Polizei in Hessen gab es Lob in der Sendung. In elf Minuten sei dort alles erledigt gewesen. Dort sei mindestens ein Tatverdächtiger angeklagt worden.
Die hessische Polizei sah sich bestätigt. "Spätestens seit dem Mord an Regierungspräsident Walter Lübcke nehmen wir den Kampf gegen Hass und Hetze auch im Internet sehr ernst", sagte ein Sprecher des hessischen Innenministeriums.