Demonstration gegen die Corona-Einschränkungen der Bundesregierung zwischen dem Brandenburger Tor und dem Reichstagsgebäude.
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Corona-Proteste in Berlin Warnung vor gefälschten Polizei-Tweets

Stand: 18.11.2020 16:33 Uhr

Die Polizei warnt vor gefälschten Tweets zum Einsatz bei den Corona-Protesten in Berlin. Darin wird behauptet, die Polizei habe einen Schießbefehl gegen Demonstranten erhalten. Das ist frei erfunden.

Von Patrick Gensing, ARD-aktuell

Mit allen Mitteln wird versucht, die Proteste gegen die Abstimmung über das Infektionsschutzgesetz im Bundestag anzuheizen. In den vergangenen Tagen waren bereits Büros von Abgeordneten mit E-Mails überzogen worden. Ein Gesetzentwurf wurde mit dem Ermächtigungsgesetz der Nazis gleichgesetzt - und heute tauchten auch im Reichstagsgebäude Aktivisten auf.

Der FDP-Abgeordnete Konstantin Kuhle twitterte, die AfD habe mindestens eine Aktivistin als Gast in das Gebäude eingeschleust. Das Präsidium des Bundestags werde sich mit dem Vorgang beschäftigen, schrieb die Abgeordnete Petra Pau von der Linkspartei auf Twitter.

In einem Video von Verschwörungsanhängern ist zu sehen, wie sich diese vor der Abstimmung in einem AfD-Abgeordnetenbüro im Bundestag versammelten. Es soll sich nach Angaben der aus dem Video um das Büro des Abgeordneten Udo Hemmelgarn handeln. Die Aktivisten, darunter bekannte YouTuber, tragen Besucherausweise und bedanken sich für die Versorgung in dem Büro.

Gezielt angefacht

Rund um das Gebäude demonstrierten sogenannte "Querdenker" und Corona-Leugner gegen das Infektionsschutzgesetz. Über Messenger wurden die Proteste gezielt angeheizt. So kursierten gefälschte Tweets, die von der Polizei Berlin stammen sollen. Darin wurde behauptet, die Polizei habe nun einen Schießbefehl erhalten, um gegen die Demonstranten vorzugehen. Die Polizei betonte, es handele sich um Fälschungen.

Screenshot

Die Polizei warnt vor gefälschten Tweets.

Die Strategie, die Stimmung mit solchen Fake News anzuheizen, war bereits bei anderen Corona-Protestaktionen zu beobachten - beispielsweise vor dem sogenannten "Sturm auf den Reichstag", als eine Rednerin auf einer Bühne vor Aktivisten behauptete, Donald Trump sei in Berlin gelandet, um die Proteste zu unterstützen. Kurze Zeit später stürmte eine Menge die Treppen des Reichtagsgebäudes hoch.

Auch die Zahl der Demonstrierenden wurde gezielt vollkommen übertrieben angegeben; angeblich seien Anfang August mehr als eine Million Menschen bei den Protesten in Berlin gewesen. Vor der folgenden Demonstration Mitte August wurde dann das Gerücht gestreut, es würden zehn Millionen Teilnehmer erwartet. Tatsächlich hatten die Organisatoren eine Veranstaltung für 22.500 Menschen angemeldet.

Angeblicher Lockdown

Außerdem wurde rund um die Proteste die gezielte Falschmeldung verbreitet, die Bundeswehr habe eine Urlaubssperre verhängt, um einen Lockdown zu überwachen, der angeblich für Ende August geplant gewesen sei.

Die Beispiele zeigen, wie mit Falschmeldungen und Gerüchten eine regelrechte Hysterie geschürt wird, die offenkundig zu einer Radikalisierung der Proteste beiträgt.