Nach Angriff auf UN-Soldaten Warum eine Straße auf Zypern für Konflikt sorgt
Der Bau einer Straße hat auf der geteilten Mittelmeerinsel Zypern neue Spannungen ausgelöst. Nach Zusammenstößen zwischen türkischen Zyprern und UN-Soldaten bekräftigen beide Seiten, ihren Willen durchzusetzen.
Es sind die schwersten Spannungen auf Zypern seit Jahren - diesmal nicht zwischen der türkischen Bevölkerung im Norden der geteilten Mittelmeerinsel und den griechischen Bewohnern der Republik Zypern im Süden, sondern zwischen türkischen Zyprern und Soldaten der internationalen UN-Friedensmission auf Zypern, die über eine Pufferzone zwischen den beiden Inselteilen wacht.
Slowakische und britische UN-Soldaten versuchten am Freitag, gegen den Bau einer ungenehmigten Straße zwischen zwei türkisch-zyprischen Dörfern einzuschreiten, deren Trasse teilweise durch die Pufferzone führen soll. Dabei wurden sie von türkisch-zyprischen Einsatzkräften angegriffen, die ihre Fahrzeuge mit Baumaschinen wegschoben und die Soldaten traten und schlugen. Mehrere UN-Soldaten wurden verletzt.
Türkische Seite verteidigt Vorhaben
Bei der geplanten Straße handele es sich um ein humanitäres Projekt, sagte der türkisch-zyprische Präsident Ersin Tatar im türkischen Sender HaberTurk. Sie solle den türkisch-zyprischen Bewohnern des ethnisch gemischten Dorfes Pile in der Pufferzone den einstündigen Umweg über einen britischen Stützpunkt ersparen, um Krankenhäuser und Schulen im türkischen Inselnorden erreichen zu können.
Die griechischen Bewohner des Dorfes, das auf Griechisch Pyla heißt, hätten seit Jahren eine Verbindungsstraße ins griechisch-zyprische Larnaka, ohne dass jemand Einspruch dagegen erhoben habe, klagte Tatar. Die türkisch-zyprische Seite dränge bei der UN-Friedensmission seit langer Zeit auf die Genehmigung zum Bau einer Straße für ihre Volksgruppe und werde immer nur vertröstet - jetzt habe sie mit dem Bau begonnen und sei entschlossen, ihn zu Ende zu bringen.
Guterres verurteilt Vorgehen
Die UN-Mission auf Zypern ist dagegen auch fest entschlossen, den Bau aufzuhalten. Die Friedenstruppen würden den Straßenbau auf jeden Fall verhindern, teilte ein Sprecher der Mission schriftlich mit. Auch UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte das Vorgehen der türkisch-zyprischen Einsatzkräfte gegen die Friedenstruppen und forderte die türkischen Zyprer auf, sofort aus der Pufferzone abzuziehen. Die griechisch-zyprische Regierung äußerte sich befriedigt über die Reaktion der Vereinten Nationen.
Es sei das erste Mal, dass die internationale Gemeinschaft sich so klar und entschieden gegen Aktionen der türkischen Zyprer ausspreche, sagte Regierungssprecher Konstantínos Letibiótis im Rundfunk. Die Türkei verurteilte die Intervention der UN-Friedenstruppen dagegen und bezichtigte die UN-Mission, sich von der griechischen Seite aufhetzen zu lassen. Ankara stehe auch in diesem Konflikt voll hinter den türkischen Zyprern, erklärte Fuat Oktay, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im türkischen Parlament.
Die Mittelmeerinsel Zypern ist seit 1974 in einen griechischen Süden und einen türkischen Norden geteilt. Damals hatte die türkische Armee nach einem Militärputsch der griechischen Zyprer den Nordteil der Insel besetzt. Die seitdem bestehende Türkische Republik Nordzypern wird allerdings nur von der Türkei anerkannt. Die Pufferzone zwischen den beiden Teilen der Insel wird von Blauhelm-Soldaten der Vereinten Nationen überwacht. Völkerrechtlich ist die ganze Mittelmeerinsel seit 2004 Mitglied der EU.