UN-Umfrage Sorge über Klimawandel noch nie so groß
Die Sorge ist groß, der Wunsch nach Maßnahmen auch: Eine UN-Umfrage über den Klimawandel ist eine Mahnung an Politik und Wirtschaft. Dabei hofft ein Großteil der 75.000 Befragten auf mehr Zusammenarbeit.
Noch nie hat der Klimawandel die Menschen offenbar so beschäftigt. Vier von fünf Befragten auf der ganzen Welt belastet die Sorge über die Erderwärmung schwer. Die Umfrage der Vereinten Nationen (UN) fördere eine klare Botschaft zutage, sagt der Chef des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP), Achim Steiner: "Was für mich das Erstaunlichste war, dass über 80 Prozent der Befragten weltweit ihre Erwartung ausdrücken, dass ihre Regierung, ihre Wirtschaft, ihre Gemeinden und Bürgermeister mehr zum Klimawandel tun müssen."
Das sei vor allem mehr Tempo bei der Umstellung von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien. Den meisten sei klar, dass die Länder dies nicht im Alleingang stemmen könnten. 86 Prozent der Befragten weltweit sind Steiner zufolge der Meinung, dass Länder und Regierungen ihre Konflikte sowie Unterschiede beiseitelegen müssen, um gegen den Klimawandel stärker zusammenzuarbeiten. "Ein so eindeutiges Signal hatte, glaube ich, keiner erwartet", sagt er dazu.
75.000 Befragte nahmen an Umfrage teil
Das "Klima-Votum" des UNDP in Zusammenarbeit mit der Universität Oxford ist die größte Umfrage zur öffentlichen Meinung über den Klimawandel, die es jemals gegeben hat. 75.000 Befragte aus 77 Ländern stehen dabei für einen Großteil der Weltbevölkerung.
Sie würden den Handlungsdruck sehen, sagt der ranghöchste deutsche UN-Diplomat: "Ich glaube, wir leben heute in einer Welt, wo wir nicht mehr über Klimawandel als ein Zukunftsphänomen sprechen, sondern Menschen erleben es entweder selber tagtäglich, irgendwo auf der Welt oder durch Nachrichten." Durch Berichte sehe man, dass Trockenheit, Überschwemmungen und extreme Wetterverhältnisse inzwischen Millionen von Menschen betreffen.
Stärkere Maßnahmen werden befürwortet
Die Umfrage ergab, dass die Bevölkerungen von 20 der weltweit größten Klimaverschmutzer stärkere Maßnahmen befürworten - darunter die USA, Russland, China und Deutschland. In vielfacher Weise fühlten sich die Menschen von ihrer jeweiligen Regierung nicht genug in puncto Klimaschutz unterstützt.
Laut Steiner gibt es in einigen Ländern - auch in Deutschland - eine Erkenntnis und auch ein Anerkennen der vielen klimarelevanten Entscheidungen der Vergangenheit. "Und trotzdem erleben wir auch diesen Sommer wieder und im letzten Jahr und den Jahren davor, wie verletzlich wir geworden sind in einer Zeit, in der Klimawandel eben nicht mehr etwas ist, was sozusagen Science Fiction ist", sagt er.
"Das spaltet auch Gesellschaften"
Unter den befragten Deutschen drängen besonders Frauen auf mehr und raschere Klimaschutzmaßnahmen. Die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage zeigen: Die breite Mehrheit der Menschen sei sich überraschend einig darüber, dass Politik und Wirtschaft schneller handeln müssten, sagt UNDP-Chef Steiner. Klimawandel sei nicht nur etwas, was mit CO2-Emissionen zu tun habe oder mit neuen Technologien oder mit Elektromobilität. "Es hat mit den Arbeitsplätzen zu tun, mit Einkommen, mit Kosten, die Menschen tragen", so Steiner. "All das wird in der Politik manchmal, würde ich sagen, instrumentalisiert. Und das spaltet Menschen. Das spaltet auch Gesellschaften."
Die Angst vor wirtschaftlichen Veränderungen sei nachvollziehbar. Doch oft basiere sie auch auf Desinformation, sagt Steiner. Und er verweist auf Erfolgsgeschichten: Einige Länder in Afrika und Lateinamerika produzieren heute über 90 Prozent ihres Stroms mit erneuerbaren Energien. Vor zehn Jahren sei das unvorstellbar gewesen.