Flüchtlingsabkommen zwischen EU und Türkei UN kritisieren geplante Massenabschiebungen
Die Kritik am geplanten Flüchtlingsabkommen zwischen Türkei und EU wächst: Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte bezeichnete mögliche Massenabschiebungen als illegal. Auch mehrere EU-Staaten sind skeptisch. Doch bislang wird am Pakt nicht gerüttelt.
Die Kritik am geplanten Flüchtlingsabkommen zwischen Türkei und EU wächst: Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte bezeichnete mögliche Massenabschiebungen aus Griechenland als illegal. Auch mehrere EU-Staaten sind skeptisch. Doch bislang wird am Pakt nicht gerüttelt.
Vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht in dem geplanten Abkommen mit der Türkei den großen Wurf, um die EU-Flüchtlingskrise dauerhaft zu lösen. Doch die Kritik an den Plänen wächst. Nun forderte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein, die EU auf, das geplante Flüchtlingsabkommen mit der Türkei zu überdenken. Besonders besorgt sei er wegen der möglichen "kollektiven und willkürlichen Abschiebungen" von Flüchtlingen aus Griechenland in die Türkei, sagte Said. Solche Abschiebungen "sind illegal", fügte er vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf hinzu. Einreisebeschränkungen ohne Feststellung der Umstände jedes Einzelnen seien eine Verletzung internationalen und europäischen Rechts.
Am Dienstag hatte sich bereits UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi "zutiefst besorgt" gezeigt - ebenso wie mehrere EU-Regierungen. Luxemburgs Migrationsminister Jean Asselborn sagte, er habe "Bedenken", wenn auch Syrer, die aus der umkämpften Stadt Aleppo geflohen seien, zurückgeschickt würden. Asselborn forderte deshalb, den türkischen Vorschlag juristisch, politisch, aber auch menschlich genau zu überprüfen. Skepsis äußerte auch Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Sie stelle sich die Frage, "ob wir unsere Werte letztendlich über Bord werfen." Es sei äußerst fragwürdig, wenn die Regierung in Ankara eine regierungskritische Zeitung unter Zwangsverwaltung stellen könne und nun mit einer vorgezogenen Visaliberalisierung belohnt werden solle.
Ein Flüchtling für einen Flüchtling
Die Türkei hatte Anfang der Woche angeboten, alle neu ankommenden Flüchtlinge aus Griechenland zurückzunehmen. Für jeden abgeschobenen Syrer soll die EU dabei einen der insgesamt 2,7 Millionen Syrer in der Türkei auf legalem Weg aufnehmen. Ankara fordert als Gegenleistung für die Flüchtlingsaufnahme unter anderem Visa-Freiheit für alle türkischen Bürger ab Juni und die Ausweitung der Beitrittsgespräche auf fünf neue Bereiche. Letzteres stößt bei Zypern jedoch auf Ablehnung.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière verteidigte den Pakt der EU mit der Türkei: "Mit Kritik kommt man nicht voran, sondern mit konkreten Ergebnissen." Die Kritikpunkte müssten jetzt bis zum nächsten EU-Gipfel Ende kommender Woche lösungsorientiert abgearbeitet werden. De Maizière berichtete auch von ersten Signalen osteuropäischer Staaten, die Flüchtlingsaufnahme mitzutragen - wenngleich am Anfang möglicherweise noch nicht alle Mitgliedsstaaten dabei seien. Insbesondere Ungarn lehnt die Flüchtlingsaufnahme kategorisch ab.
Grenzschließung sorgt weiter für Streit
Für Verstimmung zwischen Deutschland und Österreich sorgen weiter die Grenzschließungen entlang der Balkanroute. Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte erneut das nicht abgestimmte Vorgehen mehrerer osteuropäischer Staaten, das die Lage in Griechenland durch den Flüchtlingsrückstau verschärfe. "Diese Situation ist nicht dauerhaft und nachhaltig", sagte Merkel im MDR-Hörfunk. Österreichs Innenministerin Mikl-Leitner bekräftigte dagegen in Brüssel, die Route werde vorerst weiter geschlossen bleiben.
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums sind die Flüchtlingszahlen in Deutschland durch die Schließung der Balkanroute deutlich zurückgegangen. De Maizière zufolge verzeichnet Deutschland jetzt "weniger als ein Zehntel der hohen Zahlen im letzten Herbst". Wegen der Schließung der Balkanroute sitzen in Griechenland inzwischen mehr als 30.000 Flüchtlinge fest.