Seit Mitternacht Balkanroute faktisch dicht
Die Flüchtlingsroute von der Türkei Richtung Nordwesteuropa ist faktisch dicht: Seit Mitternacht lässt Slowenien keine Flüchtlinge mehr durch. Als Reaktion kündigten Kroatien, Mazedonien und Serbien ihrerseits an, ebenso zu verfahren.
Ob man die Balkanroute für geschlossen erklären soll - darüber wurde beim jüngsten EU-Gipfel in Brüssel noch heftig diskutiert. Die Balkanstaaten selbst haben nun einfach Fakten geschaffen.
Angestoßen von Slowenien sind seit Mitternacht die neuen Regelungen in Kraft. Einreisen darf nur noch, wer entweder über ein gültiges Visum verfügt oder in Slowenien direkt Asyl beantragt. "Es ist zwingend nötig, die Schengenregeln wieder voll anzuwenden", sagte Ministerpräsident Miro Cerar. "Und genauso wichtig ist es, dass wir beschlossen haben: Die Balkanroute für die illegale Migration gibt es nicht mehr.“
"Diesen Weg gibt es nicht mehr, dieser Weg wird geschlossen"
Slowenien ist Mitglied im Schengenraum und hat somit die Außengrenze zu Kroatien zu überwachen. Sein Land fühle sich hier besonders verpflichtet, sagte Cerar. Schon während des EU-Gipfels hatte er betont, dass der Transit über den Balkan jetzt enden müsse - unabhängig vom Streit um Formulierungen im Brüsseler Abschlussdokument. "Es ging dabei nur um die Wortwahl. Die Tatsachen werden so beschrieben, wie sie sind, und gleichzeitig wird eine sehr deutliche Botschaft an alle Schlepper und alle illegalen Migranten geschickt: Diesen Weg gibt es nicht mehr, dieser Weg wird geschlossen."
Slowenien hat damit eine Kettenreaktion in Gang gesetzt. Umgehend verkündeten auch Kroatien, Mazedonien und Serbien, dass sie an ihren Grenzen nun ebenso handeln werden. Jedes Land fürchtet, ansonsten zur Pufferzone zu werden für Flüchtlinge, die auf ihrem Weg nicht mehr weiterkommen.
Österreich begrüßt die Schließung der Balkanroute
Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz begrüßte im ORF die de-facto-Schließung der Balkanroute. Darauf habe Österreich seit Wochen hingearbeitet. "Es ist nur ein stringentes Fortsetzen dessen, was richtig ist, nämlich das Ende des Weiterwinkens." Das habe im letzten Jahr mehr und mehr Flüchtlinge angezogen, sagte Kurz. "Und das war das falsche Konzept."
Kurz warnte davor, die Schließung der Balkanroute wieder aufzuheben. Für ihn wäre dies das falsche Signal. "Die Menschen kommen nicht nur, um in Sicherheit in Griechenland zu sein, wie wir an der griechisch-mazedonischen Grenze sehen, sondern weil die nach Deutschland oder Österreich durch wollen," so Kurz ."Wenn wir dem nachgeben, dann werden sich immer mehr auf den Weg machen. Doch wenn wir dem nicht nachgeben, wird der Zustrom weniger - und das muss das Ziel sein."
Flüchtlinge, die schon unterwegs sind, stecken nun fest
In den letzten Monaten hatten im Schnitt täglich mehrere tausend Menschen die Balkanroute passiert. Seit Ende Februar schon wurden es sukzessive weniger. Damals vereinbarten die betroffenen Staaten, die Zahl der Durchreisenden auf maximal 580 pro Tag zu begrenzen. Dann ließ Mazedonien überhaupt nur noch Syrer und Iraker durch und machte die Grenze zu Griechenland schließlich fast ganz dicht.
Die neuen Reiseregeln betreffen damit wohl vor allem jene Flüchtlinge, die jetzt noch auf der Balkanroute unterwegs sind. Sie könnten am jeweils nächsten Übergang stecken bleiben. So wie es mehreren hundert Afghanen bereits ergangen ist, die seit längerem zum Beispiel in Nordmazedonien gestrandet sind, nachdem man sie zu unerwünschten Wirtschaftsmigranten erklärt hatte.
Folgen hat der Beschluss der Balkanländer mittelbar natürlich auch für die Tausenden Flüchtlinge, die im griechischen Idomeni warten: Ihre Chance, vielleicht doch noch weiterreisen zu dürfen, ist damit ein weiteres Mal gesunken. In Griechenland bildet sich inzwischen ein Rückstau von 36.000 Flüchtlingen, die nicht mehr über die mazedonische Grenze gelassen werden.