Gutachter gegen Österreichs Obergrenze "Auch Asylantrag 37.501 muss geprüft werden"
Ende Januar kam der Beschluss aus Österreich: Für Asylanträge soll eine Obergrenze gelten. Nun urteilten renommierte Verfassungsrechtler: Eine solche Grenze ist rechtlich nicht durchsetzbar. Wie laut kann Kanzler Faymann noch auf seine strikte Flüchtlingspolitik pochen?
Für den österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann, derzeit beim EU-Gipfel in Brüssel, sind die neuesten Nachrichten aus Wien einigermaßen peinlich. Beim Gipfel hat er Deutschland gerade erneut aufgefordert, ebenfalls Obergrenzen für Flüchtlinge einzuführen. Zu Hause in Österreich widersprechen ihm nun jedoch die eigenen Experten.
Zwei renommierte Verfassungsrechtler, die im Auftrag der österreichischen Regierung ein Gutachten erstellt haben, kommen zu dem Ergebnis: Tageskontingente für Flüchtlinge seien zwar als eine Art technisches Hilfsmittel zulässig, die verkündete Jahresobergrenze von 37.500 Asylanträgen in Österreich sei aber verfassungswidrig. Der Text des Gutachtens ist noch nicht veröffentlicht, doch die Autoren haben bereits Stellung genommen.
"Eine Obergrenze, die darin besteht, dass eine absolute Zahl festgelegt wird, ab deren Erreichen kein einziger Antrag mehr geprüft wird, ist mit völkerrechtlichen Vorgaben und unionsrechtlichen Vorgaben nicht kompatibel", sagt der Europarechtler Walter Obwexer.
Das heißt: Auch Asylantrag Nummer 37.501 muss geprüft werden, genauso wie alle folgenden Anträge in Österreich, die über die verkündete Obergrenze hinausgehen. Dieser Meinung ist auch der zweite Autor des Gutachtens, der Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk. Und auch der Präsident des österreichischen Verfassungsgerichtshofs, Gerhart Holzinger, hat sich bereits entsprechend geäußert.
Österreichs Regierung will Ergebnisse schnellstmöglich prüfen
Noch hat die österreichische Regierung nicht auf das Gutachten reagiert. Aus dem Kanzleramt und dem Innenministerium in Wien heißt es, das Gutachten werde geprüft, Schlussfolgerungen würden so schnell wie möglich gezogen - "bis spätestens nach Ostern".
Bundeskanzler Faymann wird seine Forderung nach Jahresobergrenzen wohl nicht mehr ganz so laut stellen. Denn immer klarer wird: Jahresobergrenzen für Flüchtlinge sind eine politische Absichtserklärung, rechtlich haltbar sind sie offenbar nicht.