Flüchtlingskrise in Europa EU und Österreich streiten über Obergrenze
Die Pläne Österreichs für eine Obergrenze sind bei der EU auf scharfe Ablehnung gestoßen. Diese seien rechtswidrig, meint die EU-Kommission. Doch die Regierung in Wien hält an dem Vorhaben fest - und unterstützt Kanzlerin Merkel, um eine europäische Lösung in der Flüchtlingskrise zu erreichen.
Die von Österreich angekündigte Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen stößt auf Widerstand der EU-Kommission. "Solch eine Politik wäre klar unvereinbar mit Österreichs Verpflichtungen unter europäischem und internationalem Recht", heißt es in einem Brief, den EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos an die Wiener Innenministerin Johanna Mikl-Leitner schickte. Das Land habe "die rechtliche Verpflichtung, jeden Asylantrag anzunehmen, der auf seinem Territorium oder an seiner Grenze gestellt wird".
Die Regierung in Wien hatte zuvor angekündigt, ab Freitag nur noch maximal 80 Asylanträge pro Tag zu akzeptieren, zugleich aber bis zu 3200 Flüchtlinge, die in andere Länder wie Deutschland wollen, passieren zu lassen. Auch dieses Vorhaben stieß in Brüssel auf Widerspruch. Die Kommission habe schon vergangene Woche ein "Ende des Durchwinkens" verlangt. Der Wunsch eines Migranten, ein Land zu passieren, um in einem anderen Land Asyl zu beantragen, sei "kein akzeptabler Grund", jemanden ins Land zu lassen, schrieb Avramopoulos. Flüchtlingen stehe nicht frei, in das Land ihrer Wahl zu reisen.
Der Kommissar rief Mikl-Leitner auf, "die einseitigen Maßnahmen zu überdenken". Die Kommission bemühe sich gemeinsam mit allen Ländern entlang der Balkanroute um eine Entschärfung der Flüchtlingskrise.
Faymann fordert europäische Lösung
Die Regierung in Wien wies die Kritik allerdings postwendend zurück. Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann verteidigte die Pläne. "Es ist undenkbar, dass Österreich die Flüchtlinge ganz Europas aufnimmt", sagte Faymann vor Beginn des EU-Gipfels in Brüssel. Die Juristen würden auf den Vorwurf der EU-Kommission reagieren, dass die Obergrenze mit EU-Recht unvereinbar sei. "Politisch sage ich: Wir bleiben dabei."
"Wir bleiben dabei", verkündet Österreichs Kanzler Faymann.
Der SPÖ-Politiker kündigte an, sich wie Bundeskanzlerin Angela Merkel weiter für eine europäische Lösung einzusetzen. "Ich werde sie voll unterstützen, zu einer Regelung mit der Türkei zu kommen. Nicht, weil ich so ein Illusionist bin, sondern weil sie Recht hat." Jeder Fortschritt, die illegale Migration aus der Türkei zu reduzieren, sei notwendig und richtig.
Faymann kündigte zudem an, ein neues Treffen mit mehreren EU-Staaten und der türkischen Regierung einzuberufen. Das eigentlich vor dem EU-Gipfel geplante Treffen in der Ständigen Vertretung Österreichs in Brüssel war wegen des Bombenanschlags in Ankara abgesagt worden.