Netanyahus Rede im US-Kongress Zwischen Freunden und leeren Stühlen
Israels Premierminister Netanyahu hält heute eine Rede vor dem US-Kongress. Das Verhältnis der beiden Verbündeten war zuletzt allerdings ziemlich angespannt. Einige Abgeordnete wollen die Rede boykottieren.
Vor dem Abflug nach Washington hat Benjamin Netanyahu bekräftigt, Israel werde Amerikas unverzichtbarer und starker Verbündeter im Nahen Osten bleiben - unabhängig davon, wen das amerikanische Volk als nächsten Präsidenten wähle. Das werde er seinen Freunden beider Parteien sagen, so Netanyahu.
Bevor der israelische Premierminister im Kongress allerdings auf Freunde trifft, wird Netanyahu erst einmal Demonstranten zu Gesicht bekommen. Großdemos gegen Israels Vorgehen im Gazastreifen mit Zehntausenden zivilen Opfern sind angekündigt, das Kapitol ist weiträumig abgesperrt.
Am Dienstag gab es bereits erste Proteste, unter anderem im US-Kongressgebäude selbst. Mehrere Demonstranten wurden festgenommen. Protest sei in dem Gebäude nicht legal, so die Kapitolpolizei.
Im Kongress selbst wird Netanyahu dann auf zahlreiche leere Stühle blicken. Einige demokratische Abgeordnete wollen der Rede ebenfalls aus Protest fernbleiben. Der Initiator der Einladung, der Sprecher des Repräsentantenhauses Mike Johnson von der Republikanischen Partei, ist empört. Er wirft den Demokraten politisches Kalkül vor, während der USA-Verbündete Israel um sein Überleben kämpfe. Das sei skrupellos, so Johnson.
Kritik von rechts und links für Demokraten
Der Besuch von Netanyahu in Washington hat auch eine innenpolitische Dimension. Vor allem jetzt in Zeiten des Wahlkampfs. Republikaner wollen ihre nahezu bedingungslose Unterstützung für Israel demonstrieren. Was auch bei der republikanischen Wählerschaft ankommt. Die Demokraten dagegen sehen sich nicht nur der Kritik von rechts, sondern auch von links ausgesetzt - wie die Studentenproteste gezeigt haben.
Auch dem linken Flügel der Demokratischen Partei ist die Nahost-Politik von US-Präsident Joe Biden zu israelfreundlich - wie die leeren Sitze im Kongress zeigen werden. Die wahrscheinliche Präsidentschaftskandidatin, Vize-Präsidentin Kamala Harris, wird bei Netanyahus Ansprache auch nicht dabei sein, stattdessen ist Harris auf einer Wahlkampfveranstaltung. Es sei empörend und unentschuldbar, dass Harris die gemeinsame Sitzung boykottiere, wetterte der Republikaner Johnson.
Biden zuversichtlich bei Verhandlungen
Harris wird sich aber - wie auch US-Präsident Biden - zu einem Vier-Augen-Gespräch mit Netanyahu treffen. Und übrigens auch Donald Trump: Der republikanische Präsidentschaftskandidat hat ein Treffen in Mar-a-Lago mit dem israelischen Regierungschef auf seiner Plattform Truth Social angekündigt. Biden hofft bei seinem Gespräch auf einen Durchbruch bei einer Waffenruhe und bei der Geiselbefreiung und äußerte sich zuversichtlich. "Ich glaube, wir stehen kurz davor, das zu erreichen", sagte Biden.
Auch aus politischer Sicht würde den Demokraten eine Feuerpause im Gazastreifen helfen. Und viele hoffen, dass Harris, sollte sie Präsidentin werden, einen härteren Kurs gegen Netanyahu einschlagen würde.