Beitritt am Sonntag Kroatien hofft auf die EU
Wenige Tage vor dem EU-Beitritt Kroatiens hat Regierungschef Milanovic das umstrittene Auslieferungsgesetz seines Landes verteidigt. Auf dem EU-Gipfel in Brüssel forderte er außerdem mehr Unterstützung bei der Jugendarbeitslosigkeit.
Auf dem Jelacic-Platz in Zagreb werden die Bühnen für das große EU-Beitritts-Fest am Sonntagabend aufgebaut. Und wer in den Cafés im Zentrum der kroatischen Hauptstadt nachfragt, hört vor allem von jungen Leuten: Endlich kommen wir in die EU.
"Ich bin sehr froh, dass wir Mitglied der Europäischen Union werden", sagt eine Studentin. "Ich denke, es ist der beste Schritt, den Kroatien tun kann. Ich freue mich auf all die Möglichkeiten, die mir die Europäische Union eröffnet." "Ich hoffe, dass viele Firmen aus Deutschland und anderen weiter entwickelten EU-Ländern hier in Kroatien investieren, zum Beispiel im Umweltbereich", fügt ein anderer hinzu. "Wir haben viel mehr gut ausgebildete Leute, als die Wirtschaftsdaten derzeit zeigen."
Hoffnung auf geringere Arbeitslosigkeit
Die Arbeitslosigkeit liegt bei 20 Prozent in Kroatien, die Jugendarbeitslosigkeit bei 50 Prozent - ein Grund, warum der kroatische Regierungschef Zoran Milanovic beim EU-Gipfel in Brüssel mehr Geld für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit einforderte, als die großen EU-Staaten wie Deutschland zu geben bereit waren.
Ärger über Absage Merkels
Milanovic nahm als Gast am EU-Gipfel teil und hat nach eigenen Worten mehrfach mit Bundeskanzlerin Angela Merkel gesprochen, die ihre Teilnahme an den EU-Beitrittsfeiern in Zagreb abgesagt hatte.
Den Hauptgrund für Merkels Absage sieht Milanovic in der Bundestagswahl, wie er im kroatischen Fernsehen sagte: "In Deutschland sind Wahlen in drei Monaten. Und die Erweiterung ist kein populäres Thema in Deutschland. Zu so einer Veranstaltung drei Monate vor den Wahlen zu kommen - das ist meiner Einschätzung nach für einen deutschen Politiker kein Plus, sondern ein Minus."
Umstrittenes Gesetz in letzter Minute
Milanovic verteidigte auch das Gesetz, dass das kroatische Parlament praktisch in letzter Minute vor dem EU-Beitritt verabschiedet hat: Danach ist eine Auslieferung kroatischer Staatsbürger nur erlaubt, wenn die fragliche Straftat nach August 2002 begangen wurde.
Der frühere Geheimdienstchef Josip Perkovic, der vom Bundeskriminalamt zu Fahndung ausgeschrieben ist, wäre somit vor einer Auslieferung geschützt. Perkovic soll 1983 für den jugoslawischen Geheimdienst den Mord an einem Exil-Kroaten in Wolfratshausen bei München beauftragt haben. Regierungschef Milanovic sagte, wenn die EU das kroatische Auslieferungsgesetz für rechtswidrig halte, werde er mit Brüssel verhandeln, er fühle sich aber im Recht.
Der Politikwissenschaftler Bozo Skoko meint, auch viele Bürger in Kroatien könnten nicht verstehen, warum die sozialdemokratische Regierung auf diese Weise Verbrechen aus der Zeit des Kommunismus schütze und speziell mit Deutschland einen Konflikt provoziere: "Deutschland hat in Kroatien eine besondere Stellung. Seit der kroatischen Unabhängigkeit ist man sich hier bewusst, dass Deutschland Kroatien besonders unterstützt hat."
Es überwiege die Meinung, dass die Bundeskanzlerin mit ihrer Absage der kroatischen Regierung die Botschaft übermitteln will, dass sie nicht zufrieden ist mit der aktuellen Entwicklung, meint Skoko. "Dabei geht es nicht nur um den Fall Perkovic. Wir erinnern uns alle, dass die Kanzlerin mehrfach die kroatischen Behörden kritisiert hat, wegen des schlechten Klimas für Investoren und der trägen Bürokratie. Der Fall Perkovic ist das Tüpfelchen auf dem i."