Überraschungserfolg in Italien Tragikomödie entfacht Debatte über häusliche Gewalt
Der Film "Morgen ist auch noch ein Tag" ist in Italien ein Kassenschlager - und hat dazu beigetragen, dass Hunderttausende im Land gegen häusliche Gewalt auf die Straße gingen. Nun kommt er nach Deutschland.
Er ist der Kassenerfolg in Italien - und mittlerweile einer der zehn erfolgreichsten Filme aller Zeiten in den italienischen Kinos. "Morgen ist auch noch ein Tag" haben landesweit 5,5 Millionen Menschen gesehen. Auch die Römerin Federica Randi, die die Dreharbeiten im Stadtteil Testaccio quasi aus dem Wohnzimmerfenster verfolgen konnte. "Mein Rat ist, diesen Film aufzusaugen", sagt Randi, "und alle Botschaften aufzunehmen, die von diesem Film ausgehen".
Unterdrückung der Frauen in der Nachkriegszeit
Das Besondere des Films: Sein Erfolg geht in Italien weit über die Kinosäle hinaus. Er hat die Gesellschaft aufgerüttelt. So sehr, dass Co-Autorin, Regisseurin und Hauptdarstellerin Paola Cortellesi am Internationalen Frauentag im italienischen Parlament reden durfte und appellierte:
Die Gewalt der Männer gegen Frauen muss aufhören, das unwürdige soziale Phänomen zu sein, das jeden Tag unser Land plagt.
Die Co-Autorin, Regisseurin und Hauptdarstellerin Paola Cortellesi
Das Patriarchat und Männergewalt sind die Themen in Cortellesis Film. Im Mittelpunkt steht Delia, eine Mutter in Rom unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, die von ihrem Ehemann geschlagen und von ihrem Schwiegervater erniedrigt wird.
Die Regisseurin sagt: "Als ich den Film das erste Mal vorgestellt habe, betonte ich, es sei ein in der Vergangenheit spielender Gegenwartsfilm". Denn "einige toxische Entwicklungen in Beziehungen und Familien" gebe es noch heute, so die 50-Jährige.
Demos gegen Frauengewalt
Der in schwarz-weiß gehaltene Film über ein Frauenschicksal Mitte der 1940er-Jahre hat Italien dazu gebracht, intensiv wie noch nie über Männerherrschaft und Gewalt gegen Frauen zu diskutieren.
Über eine halbe Million Menschen, europaweit eine Rekordzahl, sind im November in Rom gegen Frauengewalt auf die Straße gegangen - nachdem ein weiterer Frauenmord für landesweite Schlagzeilen gesorgt hatte. Filmregisseurin Paola Cortellesi führte wie selbstverständlich den Demonstrationszug mit an.
Auf der Kundgebung gefeiert wurde die Studentin Caterina Cesari, die das Bild einer Filmszene als riesiges Plakat mit sich trug und hinterher auf Facebook schrieb: Der Film enthalte "eine wunderschöne Botschaft der Hoffnung. Gleichermaßen für die junge wie die alte Generation".
Cortellesis Werk stehe für ein Kino, meint die Studentin, "das es geben muss, weil es eine extrem wichtige Botschaft der kollektiven Bildung verbreitet". Auch und gerade in Italien. Einem Land, in dem im Durchschnitt alle 72 Stunden ein Mann eine Frau ermordet, die ihm nahestand.
Tragik verpackt in einer Komödie
"Morgen ist auch noch ein Tag" ist ein über weite Strecken bedrückender Film. Die Atmosphäre der Gewalt, nicht nur der körperlichen, ist vor allem im ersten Teil schwer auszuhalten. Cortellesi aber, im italienischen Fernsehen über Jahre als Komikerin erfolgreich, bricht das Bleierne immer wieder mit Ausflügen ins Humorisch-Absurde - und mit Szenen der Menschlichkeit, wenn Delia mit anderen Frauen den Alltag jenseits der ehelichen Gewalt teilt. Oder als ein mysteriöser Brief eintrifft.
Der Brief führt zum wunderbaren, weil überraschenden und nicht pathetischen Ende des Films, der nun auch in Deutschland zu sehen ist - wo die Zahl der Femizide ähnlich hoch ist wie in Italien. In Deutschland tötet fast jeden dritten Tag ein Mann seine Partnerin oder ehemalige Partnerin.