Rede auf der Klimakonferenz Scholz fordert mehr Tempo bei der Energiewende
Erneuerbare Energien verdreifachen, Energieeffizienz verdoppeln: Bundeskanzler Scholz appelliert in seiner Rede auf der Klimakonferenz in Dubai an die knapp 200 Staaten, bei der Energiewende mitzuziehen - und verbindlich zu werden.
Vor dem Plenum der Weltklimakonferenz in Dubai hat Bundeskanzler Olaf Scholz einen globalen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas angemahnt. "Wir müssen jetzt alle die feste Entschlossenheit an den Tag legen, aus den fossilen Energieträgern auszusteigen - zuallererst aus der Kohle. Dafür können wir bei dieser Klimakonferenz die Segel setzen", sagte der SPD-Politiker in seiner Rede.
Weiter sagte Scholz, noch sei es möglich, die klimaschädlichen Treibhausgasemissionen in dieser Dekade so weit zu senken, dass das 2015 in Paris vereinbarte 1,5-Grad-Ziel eingehalten wird. "Aber die Wissenschaft sagt uns ganz klar: Wir müssen uns dafür sehr beeilen - aller geopolitischen Spannungen zum Trotz", sagte er mit Blick die Kriege im Gazastreifen und der Ukraine, die auch auf der Klimakonferenz ein großes Thema sind.
Scholz: Klimaneutralität bis 2045
Der Klimawandel bleibe "die große, weltumspannende Herausforderung unserer Zeit", betonte Scholz. Es gebe aber schon alle nötigen Mittel, um dieser Herausforderung zu begegnen. "Die Technologien sind da: Windkraft, Fotovoltaik, elektrische Antriebe, grüner Wasserstoff." Deutschland treibe diese Entwicklungen mit Nachdruck voran. "Als erfolgreiches Industrieland wollen wir 2045 klimaneutral leben und arbeiten", sagte er.
Scholz appellierte an die knapp 200 Staaten, die in Dubai bis Mitte Dezember beraten, bei der Energiewende mitzuziehen. "Machen wir den Ausbau Erneuerbarer Energien zur energiepolitischen Priorität Nummer eins - weltweit!" Er schlug konkret eine Einigung auf zwei verbindliche Ziele vor, die schon in den Industriestaaten der G20 Konsens sind: zum einen die Verdreifachung des Ausbaus Erneuerbarer Energien und zum anderen eine Verdoppelung der Energieeffizienz - beides bis 2030.
Klimaexperte zu Scholz' Rede: "Mitreißend geht anders"
Bisher haben sich mehr als 110 Länder bereit erklärt, die Ökostromproduktion in diesem Tempo auszubauen. Bis zuletzt wird auf der bis zum 12. Dezember dauernden Weltklimakonferenz nach Angaben von Diplomaten aber darum gerungen werden, wie verbindlich die Festlegung sein wird.
Der Klimaexperte der Entwicklungsorganisation Oxfam, Jan Kowalzig, sagte zur Rede des Bundeskanzlers, diese sei "rhetorisch makellos, aber mitreißend geht anders". So inspiriere man eine Klimakonferenz nicht. Und zum angemahnten Ausstieg aus den fossilen Energien passe die Politik der Bundesregierung leider nicht: So arbeite die Bundesregierung mit der Errichtung neuer fossiler Infrastruktur für den Import von Flüssiggas gegen das Pariser Abkommen und höhle parallel dazu das Klimaschutzgesetz aus. "Das hat der Bundeskanzler wohlweislich verschwiegen."
Appell Richtung Golfstaaten und Asien
Scholz äußerte sich auch zur Finanzierung bereits entstandener Schäden durch den Klimawandel. Deutschland wende für die internationale Klimapolitik mittlerweile rund zehn Milliarden Euro pro Jahr auf und steuere auch 100 Millionen Euro für den neu gegründeten Katastrophenfonds bei, sagte Scholz. Dieser Fonds soll ärmeren Ländern helfen, bereits eingetretene Schäden durch den Klimawandel wie Dürren oder Überschwemmungen besser bewältigen zu können. Er appellierte dabei offenbar in Richtung der Golfstaaten und China, sich zu beteiligen. "Verantwortung tragen auch die Länder, deren Wohlstand in den letzten drei Dekaden enorm gewachsen ist und die heute großen Anteil an den weltweiten Emissionen haben", sagte er, ohne die Staaten namentlich zu nennen.
Am Mittag reist Scholz früher als ursprünglich geplant nach Deutschland zurück. Grund dafür sind die anstehenden Verhandlungen mit den Koalitionspartnern FDP und Grünen zum Haushaltsloch.
Aufruf zum Ausbau von Atomkraft
Auf der Konferenz rief unterdessen eine Gruppe von etwa 20 Staaten zum Ausbau der Atomkraft auf. Beteiligt an der gemeinsamen Erklärung sind unter anderem die USA, Frankreich, Großbritannien sowie das Gastgeberland Vereinigte Arabische Emirate. Ziel sei es, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern, hieß es.
Verlangt wurde von der Staatengruppe, die installierte Leistung der AKW weltweit bis 2050 zu verdreifachen - verglichen mit dem Stand von 2020. Verbreitet wurde die Erklärung durch den US-Klimabeauftragten John Kerry. Zu den Unterzeichnern zählen auch Belgien, Finnland, Japan, Polen, Schweden und die Ukraine, nicht aber Russland und China, die ebenfalls über eine größere Zahl von Atomkraftwerken verfügen. Kerry verwies auf Aussagen aus der Wissenschaft, wonach Klimaneutralität bis 2050 ohne Atomkraft "nicht erreichbar ist".