Klimakonferenz in Dubai Grüne Ziele nur fürs Image?
Die Vereinigten Arabischen Emirate gelten in Nahost als Vorreiter für erneuerbare Energien - dabei beruht dieses Image vor allem auf Zukunftsvisionen. Klimaschützer haben für das Gastgeberland der COP28 vor allem Kritik übrig.
In langem weißen Dishdasha-Gewand und Kopftuch tritt Sultan Ahmed al-Jaber ans Mikrofon, der Präsident der Weltklimakonferenz COP28. In seinen Reden im Vorfeld gibt er sich betont zurückhaltend. "Wie viele von Euch wissen, bin ich auf Eurer Seite. Ich kenne Eure Themen und verstehe sie. Ich bin hier, um Euch zu helfen, um diesen wichtigen Prozess zu unterstützen", sagt er. "Aber Ihr müsst mir auch entgegenkommen."
Entgegenkommen bei den Klimadiskussionen? Sultan Ahmed al-Jaber ist nicht nur der neue COP-Präsident und Innovationsminister der Emirate, sondern auch der Chef des staatlichen Öl- und Gaskonzerns. Kann sich der Leiter eines Ölkonzerns, der täglich sein Geschäft mit dem Verkauf von fossilen Energien macht, ernsthaft als Präsident der Weltklimakonferenz für einen Ausstieg aus fossilen Energien engagieren? Klimaschutzaktivisten haben da große Zweifel.
Auch Manon Aubry, Abgeordnete des europäischen Parlaments, fand dazu deutliche Worte. Zusammen mit mehr als 100 internationalen Politikern forderte sie bereits vor Monaten einen anderen Präsidenten für die COP28:
Wir können nicht mit denselben Menschen über die Zukunft unseres Planeten reden, die ihn kaputt gemacht haben.
Geschäftsmodell ändert sich nicht
Die Befürchtung von Klimaaktivisten ist, dass es den Emiraten sowieso nicht um einen baldigen Ausstieg aus fossilen Energien geht, sondern eher um die Entwicklung raffinierter Technik, die die entstehenden CO2-Emissionen in Zukunft auffangen kann. Damit würde das eigene Geschäftsmodell - der Export von Öl und Gas, der den Emiraten den Wohlstand sichert - weiterfunktionieren, sagt Tobias Zumbrägel, Politologe am geographischen Institut der Universität Heidelberg.
Er beschreibt die Herangehensweise der Emirate so: "Runtergebrochen kann man eigentlich sagen: 'Wir setzen auf Öl und Gas, solange es ertragreich ist. Wir machen das aber 'sauber' durch Technologien, die jetzt noch gar nicht effizient und tragfähig sind, wie die CO2-Abspeicherung. Aber dadurch können wir rechtfertigen, dass wir trotzdem noch Öl und Gas produzieren.'"
Das ehrgeizig formulierte Ziel der Emirate lautet "Net zero 2050" - also klimaneutral in gerade mal rund 27 Jahren zu sein. Doch die Technik der CO2-Speicherung ist Beobachtern zufolge immer noch unterentwickelt.
Linda Schneider, Referentin für Klimapolitik bei der Heinrich-Böll-Stiftung, sagt, man erlebe gerade einen "starken fossilen Rollback oder Comeback" von Technologien, die sich zu "Schlupflöchern für die fossile Industrie" zu entwickeln drohten.
Al-Jabers Vorteile als COP-Präsident
Die umstrittene Rolle von COP-Präsident al-Jaber sei aus emiratischer Sicht eigentlich nur konsequent, sagt Zumbrägel. "In seiner Person verbindet er eigentlich das ganze Modell von Umwelt- und Klimapolitik, was die Vereinigten Arabischen Emirate ausmacht."
Al-Jaber habe ein breites Netzwerk, was bei den möglicherweise schleppenden Verhandlungen eine wichtige "Hebelwirkung" haben könne: "Dann braucht man einen Menschen, der Allianzen schmieden und viele Menschen hinter sich vereinen kann. Das könnte dann auch durchaus zu einem Erfolg führen, dass er unterschiedliche Positionen miteinander in Einklang bringen kann."
Vielleicht ist also am Ende die vermeintliche Schwäche des Präsidenten gerade seine Stärke, wenn es darum geht, die verschiedenen Positionen zusammenzubringen. Denn trotz aller Kritik: Die Emirate gelten im Nahen und Mittleren Osten als Vorreiter, wenn es um die Entwicklung erneuerbarer Energien geht.
2050 wollen die Emirate 44 Prozent ihrer Energie aus Erneuerbaren gewinnen - momentan liegt man gerade mal bei sieben Prozent. Auch die Entwicklung von grünem Wasserstoff wird vorangetrieben, auch in Kooperation mit Deutschland.
Sultan Ahmed al-Jaber ist nicht nur der Präsident der Klimakonferenz 2023, sondern auch Chef des staatlichen Öl- und Gaskonzerns. Das passt nicht zusammen, finden viele Klimaaktivisten.
Demonstrationen? Nicht gern gesehen
Doch Menschenrechtsaktivisten zeigen sich besorgt: Hinter den Glitzerfassaden von Dubai und Abu Dhabi wissen die Machthaber am Golf geschickt zu verstecken, mit welch harter Hand das Land regiert wird. Menschenrechtsverstöße, inhaftierte Regimegegner, mangelnde Meinungs- und Pressefreiheit - die Liste an Kritikpunkten ist lang. Schon jetzt haben die Emirate mit heftigen Umweltverschmutzungen zu kämpfen, die im autokratisch regierten Golfstaat nicht öffentlich thematisiert werden.
Klimaschutz-Aktivismus gibt es dort quasi nicht. "Viele der Emiratis wissen nicht, dass der Persische Golf einer der verschmutzten Ozeane der Welt ist. Und sie wissen auch nicht, dass sie eine der schlechtesten Luftqualitäten besitzen", sagt der Wissenschaftler Zumbrägel. Das passe nunmal nicht zum positiven Image, das die Emirate gerne in die Welt hinaustragen.
Besonders kritisch sehen Klimaaktivsten die mangelnden Protestmöglichkeiten in den Emiraten: Wie schon im vergangenen Jahr in Ägypten werden auch bei dieser Klimakonferenz ausschließlich auf dem UN-Gelände der COP28 kleinere Demonstrationen möglich sein, Massendemonstrationen sind tabu.
Dem Gastgeber am Golf ist Beobachtern zufolge am Ende vor allem eines wichtig: schöne Bilder von einer gelungenen COP-Präsidentschaft für die eigene grüne Imagekampagne. Das Ziel: eine große Portion internationale Aufmerksamkeit - und die Möglichkeit, neue Geschäfte abzuschließen.