Abraumförderbrücke im Tagebau Welzow-Süd
analyse

Klimakonferenz in Dubai Gelingt der Ausstieg aus fossilen Energien?

Stand: 27.11.2023 14:24 Uhr

Der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas gilt als entscheidend im Kampf gegen die Klimakrise. Auf der Klimakonferenz in Dubai wird es vermutlich trotzdem keinen Beschluss geben. Donnerstag starten die Gespräche.

Eine Analyse von Werner Eckert, SWR

Bei der UN-Klimakonferenz in Dubai, die am Donnerstag beginnt, soll der Einstieg in den Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen beschlossen werden. Das haben zumindest 20 Staaten gefordert, neben Ländern des Südens auch sechs EU-Mitglieder - darunter Frankreich und Spanien.

Sie gehören zur sogenannten High Ambition Coalition, einer Gruppe, die mehr Klimaschutz will. Deutschland gehört eigentlich auch dazu, hat diese Forderung aber nicht mitgetragen. Sie ist wissenschaftlich durchaus begründbar. Aber wie realistisch ist es, dass es in Dubai so kommt?

Relikte aus der Karbonzeit

Kohle, Öl und Gas - das sind die Relikte früherer Erdzeitalter. Kohlenstoff eingefangen von Wäldern, Algen und Tieren seit dem Karbonzeitalter. Dieser Prozess hat etwa 300 Millionen Jahre gedauert, dabei entstanden gewaltige Mengen an Brennstoffen.

Würde man die gesamten Ressourcen verbrennen, sagt Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), dann würden ungefähr 10.600 Gigatonnen Kohlendioxid freigesetzt. 38 Gigatonnen (Gt) betragen die weltweiten Emissionen pro Jahr. Und schon weitere 250 Gt davon können uns nachhaltig über die 1,5-Grad-Erwärmungsgrenze bringen, rechnet Johan Rockström aus dem selben Institut vor.

Kein Preis für Atmosphäre

Die fossilen Brennstoffe werden uns nicht ausgehen, sie werden uns nicht ausgehen dürfen. Das knappe Gut ist in dieser Rechnung nicht der Brennstoff, sondern die Atmosphäre und ihre begrenzte Fähigkeit, CO2 aufzunehmen.

Doch der "Verbrauch" von Umweltgütern wie der Atmosphäre hat in den herkömmlichen Modellen der Wirtschaftswissenschaften keinen Preis. Deshalb wird der Markt hier nichts steuern, jedenfalls nicht annähernd rechtzeitig. Deshalb gab und gibt es bei den UN-Klimakonferenzen seit Jahren den Versuch, den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas in einem internationalen Abkommen direkt oder indirekt politisch festzuschreiben.

Subventionen für fossile Energien auf Rekordstand

Vor zwei Jahren hatten die Staaten bei der Klimakonferenz erklärt, sie wollten zumindest "ineffiziente Subventionen für fossile Brennstoffe" abschaffen. Doch diese Subventionen sind nach Angaben des Internationalen Währungsfonds IWF im Folgejahr auf einen neuen Rekordwert von sieben Billionen US-Dollar gestiegen.

Die Welt gibt deutlich mehr für die Unterstützung von Kohle, Öl und Gas aus als etwa für Bildung. Die 15 Staaten der Ausstiegskoalition verlangen nun einen verbindlichen Plan für den Abbau dieser Subventionen weltweit. Beginnen sollen aber zunächst die G20-Staaten.

Einfluss der Öl- und Gaslobby

Ebenfalls 2021 in Glasgow war im Abschlussdokument zumindest noch von der Notwendigkeit die Rede, die Verbrennung von Kohle zurückzufahren ("Phasing Down Coal"). Im vergangenen Jahr in Sharm El-Sheikh wurde das Problem dagegen nicht einmal beim Namen genannt. Kritiker führen das auf den massiven Einfluss der Öl- und Gaslobby zurück.

Der wird bei der Klimakonferenz COP28 in Dubai nicht geringer sein. Der designierte Präsident dieser Konferenz, Sultan Ahmed al-Jaber, ist Chef des staatlichen Ölkonzerns der Vereinigten Arabischen Emirate ADNOC. Er geht das Thema "Ausstieg" aktiv an und versucht, Pflöcke einzuschlagen.

Ein langsames Auslaufen fossiler Energien bis Mitte des Jahrhunderts sei denkbar, aber der Vorschlag enthält das Wort "unabated", was so viel heißt wie "nicht entschärft". Das öffnet in diesem Kontext eine Hintertür: Kohle, Öl und Gas könnten danach weiter genutzt werden, wenn man nur das entstehende Klimagas CO2 auffängt und einlagert, so dass es nicht in die Atmosphäre gelangt. CCS (Carbon Capture and Storage) oder CDR (Carbon Dioxide Removal) sind die Fachbegriffe für diesen Vorgang.

Unterstützung durch Wissenschaftler

Die 20 Staaten, die einen Ausstiegsplan wollen, sagen, dass das nur eine kleine Rolle spielen könne und keinesfalls einen Ausstieg verhindern dürfe. Unterstützung erfahren sie durch Wissenschaftler wie dem Klimaökonomen Edenhofer vom PIK. CDR sei ohnehin notwendig, argumentiert er, um die unvermeidlichen Klimagase in einer Industriegesellschaft am Ende zu neutralisieren, wie sie etwa bei der Produktion als Abgase anfallen.

Doch die Möglichkeiten dafür seien technisch begrenzt und zudem teuer. Schon bei einem völligen Verzicht auf die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas werde sie zwischen 0,3 und drei Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts kosten. In einem Abschlusstext der Klimakonferenz könnte das Wort "unabated" aber am Ende die Ausrede für viele Staaten sein, einfach weiterzumachen wie bisher.

Das hätte dramatische Folgen, listet der "Production Gap Report" der UN-Umweltorganisation UNEP auf. Allein die bestehenden Abbaupläne würden alle Klimaziele hinfällig machen. Und viele wollen noch mehr fördern.

So hat etwa die britische Regierung des Konservativen Rishi Sunak gerade beschlossen, jährlich weitere Lizenzen zur Öl- und Gasförderung zu vergeben. Der umweltbewegte König Charles III. musste das in seiner "King's Speech" Anfang November verlesen. Und auch ADNOC, die Firma des künftigen Konferenzleiters der Klimaverhandlungen, will in den kommenden Jahren 150 Milliarden Dollar in den Ausbau seiner Förderkapazität stecken.

Enddatum kaum wahrscheinlich

Die Wahrscheinlichkeit, dass es einen Fahrplan für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und gar ein Enddatum dafür gibt, ist also gering. Selbst Deutschland hat sich der Forderung der High Ambition Coalition dieses Mal nicht angeschlossen, weil sie sprachlich über zuvor international vereinbarte Formulierungen hinausgegangen sei, sagte ein Sprecher.

Allerdings ist das auch innenpolitisch ein heißes Eisen, spätestens seit Finanzminister Christian Lindner (FDP) den Kohleausstieg im Westen erneut in Frage gestellt hat. Schon die G20 konnten sich bei ihrem Treffen im Juli nicht auf einen Beschluss in dieser Sache einigen. Auch das zeigt, wie schwierig die Verhandlungen in Dubai werden.

Auf internationaler Ebene ist China gegen neue Beschlüsse, und Staaten wie Russland und Saudi-Arabien wollen selbst den Begriff aus Glasgow 2021 "Phasing Down" - also ein Zurückführen der Verbrennung - nicht mehr mittragen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 23. November 2023 um 11:12 Uhr.