Israel Erneut Proteste gegen die Justizreform
In Israel haben sich erneut Tausende Menschen zum Protest gegen die geplante Justizreform versammelt: Sie blockierten Autobahnen und stürmten die Börse. Dadurch wollen sie vor der nächsten Abstimmung im Parlament den Druck erhöhen.
In Israel sind erneut Tausende Menschen gegen die von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu geplante Justizreform auf die Straße gegangen. Für den ausgerufenen "Tag der Störung" waren Proteste im ganzen Land geplant. Dazu hatten die Organisatoren aufgerufen, um den Druck auf das Parlament zu erhöhen. Dort soll noch vor Beginn der Sommerpause abschließend über ein wichtiges Element der Reform abgestimmt werden.
Die Demonstranten, darunter viele Reservisten der Streitkräfte, bildeten Menschenketten. Sie blockierten Autobahnen. Dabei wurde Sanitätern zufolge eine Frau von einem Auto angefahren und verletzt, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete. Die Polizei nahm nach Informationen der Nachrichtenagentur AP mindestens 19 Menschen fest, die verdächtigt werden, während der Proteste auf Autobahnen für öffentliche Unruhen gesorgt zu haben. Die Protestierenden versammelten sich darüber hinaus etwa vor der Militärzentrale in Tel Aviv.
Vor der Börse zündeten Teilnehmer Rauchbomben, trommelten, riefen Parolen gegen die Regierung und hielten Schilder mit der Aufschrift "Rettet unsere Start-up-Nation" und "Diktatur wird die Wirtschaft zerstören" hoch. Dutzende stürmten kurzzeitig das Gebäude. Andere Demonstranten strömten am Nachmittag im Berufsverkehr auf Bahnhöfe im ganzen Land. In Tel Aviv schloss die Polizei den Hauptbahnhof.
Demonstranten bilden mit Rohren eine Menschenkette vor dem Haupteingang der HaKirya, dem Hauptquartier der israelischen Armee in Tel Aviv.
Protestierende fordern Gewerkschaft zum Generalstreik auf
Auch vor dem Sitz der größten israelischen Gewerkschaft, Histadrut, wurde protestiert. Die Demonstranten forderten die Gewerkschaft zu einem Generalstreik auf. Bereits im März hatte die Gewerkschaft zu einem Streik aufgerufen, was dazu beitrug, dass Netanyahu die Justizreform vorübergehend aussetzte. Nachdem Gespräche über einen Kompromiss mit der politischen Opposition gescheitert waren, nahm er das Projekt jedoch wieder auf.
Kritiker sehen in der Justizreform einen Versuch, die demokratische Gewaltenteilung auszuhebeln. Die Pläne der rechts-religiösen Regierung zielen darauf ab, die Befugnisse der Justiz und des Obersten Gerichts einzuschränken und die Stellung des Parlaments und des Ministerpräsidenten zu stärken. Die Regierung argumentiert dagegen, gewählte Volksvertreter müssten gegenüber einer übergriffigen Justiz gestärkt werden.
Das geplante Gesetz, das noch vor der Sommerpause verabschiedet werden soll, zielt konkret auf die sogenannte Angemessenheitsklausel, die dem obersten Gericht des Landes bislang ermöglichte, Regierungsentscheidungen als "unangemessen" zu bewerten. Zuletzt kam die Klausel zur Anwendung, als das oberste Gericht im Januar die Ernennung des vorbestraften Arieh Deri (Schass-Partei) zum Innen- und Gesundheitsminister der Regierung Netanyahu untersagte.