Johnson trifft Tusk Ohne Brexit-Ideen, aber mit Drohungen
Am Rande des G7-Gipfels haben sich der britische Premier Johnson und EU-Ratspräsident Tusk getroffen. Einziges Thema: der Brexit. Johnson will bei einem No-Deal-Szenario offenbar Zahlungen an die EU kürzen.
Im Brexit-Streit haben sich der neue britische Premierminister Boris Johnson und EU-Ratspräsident Donald Tusk getroffen. Dabei hat es allerdings keine Fortschritte gegeben. Die Nachrichtenagentur dpa berichtet unter Berufung auf EU-Kreise, Johnson sei ohne neue Vorschläge zu dem rund 30-minütigen Gespräch am Rande des G7-Gipfels erschienen. Die Atmosphäre sei "sehr positiv" gewesen. Neuigkeiten habe es jedoch nicht gegeben.
Verärgerung über den Backstop
Johnson will das das EU-Austrittsabkommen noch einmal aufschnüren, um die sogenannte Backstop-Klausel zu streichen. Die EU lehnt das kategorisch ab und verweist darauf, dass die Klausel verhindern soll, dass zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland wieder Grenzkontrollen eingeführt werden müssen.
Johnson sieht den Backstop hingegen als ein "Instrument der Einkerkerung", weil es Nordirland in Zollunion und Binnenmarkt halten könnte, wenn bei den noch ausstehenden Verhandlungen über die zukünftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien keine Einigkeit erzielt wird.
Man sei bereit, mit Johnson über Alternativen zum Backstop zu reden, hieß es nach Angaben aus EU-Kreisen. Vorschläge dafür müssten aber von britischer Seite kommen.
Nur bis zum 31. Oktober
Johnson hatte wiederholt betont, er sei überzeugt, dass ein geregelter EU-Austritt zum Brexit-Stichtag am 31. Oktober machbar sei. Notfalls will er sein Land ohne ein Abkommen aus der EU führen.
Dies hätte vermutlich erhebliche Konsequenzen für die Wirtschaft, weil zunächst wieder Zölle und Grenzkontrollen eingeführt werden müssten.
Weniger Geld aus London?
Johnson wiederholte in einem Interview mit dem britischen Fernsehen zudem Drohungen, im Fall eines ungeregelten Brexit noch ausstehende Zahlungen an die EU kürzen. Wenn es keinen Deal gebe, werde man rechtlich nicht gebunden sein, 39 Milliarden Pfund zu zahlen, sagte Johnson. Sky News hatte zuvor berichtet, es könnten eventuell nur noch neun Milliarden Pfund gezahlt werden.
Aus EU-Kreisen hieß es nach dem Treffen zwischen Johnson und Tusk, das Thema sei von der britischen Seite nicht angesprochen worden. Auch sei die Summe von 39 Milliarden Pfund keine EU-Zahl. Die Kommission machte aber deutlich, dass sie auch bei einem No-Deal-Brexit auf die vollständige Bezahlung der Schlussrechnung bestehe. Dies bekräftigte Sprecherin Mina Andreeva in Brüssel. Es sei "wichtig, klarzumachen, dass die Begleichung der Rechnungen entscheidend ist für den gelungenen Beginn einer neuen Beziehung auf der Basis gegenseitigen Vertrauens".
Der Brexit-Koordinator des Europaparlaments, Guy Verhofstadt, wurde auf Twitter noch deutlicher: "Wenn Großbritannien nicht zahlt, was es schuldet, wird die EU kein Handelsabkommen verhandeln. Nach einem 'No Deal' wird das die erste Bedingung jeglicher Verhandlungen sein."
Umwelt und Klimapolitik auf der Tagesordnung
Auf dem der G7-Gipfel beraten die Staats- und Regierungschefs der führenden Industriestaaten heute über die Umwelt- und Klimapolitik. Konkret geht es um den Artenschutz und den Erhalt der Ozeane. Auf der Tagesordnung stehen zudem Gespräche zu internationalen Konflikten wie dem Bürgerkrieg in Syrien.
Auch sind bilaterale Treffen geplant - etwa zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump. Am Nachmittag will Trump mit dem Gipfel-Gastgeber, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, vor die Presse treten.
Bisher hatten sich die Staats- und Regierungschefs unter anderem darauf verständigt, die sogenannten Sahel-Staaten in Westafrika stärker im Kampf gegen Islamisten zu unterstützen. Hilfszusagen gab es auch für die von den Waldbränden im Amazonasgebiet betroffenen Länder.