Treffen in Ankara zur Flüchtlingspolitik Die EU ist nicht zufrieden
Die Türkei hindert Flüchtlinge an der Reise in die EU, im Gegenzug erhält sie Milliardenhilfen - so wurde es vereinbart. Tatsächlich sinken die Flüchtlingszahlen, was aber eher am Wetter als an der Türkei liegt. EU-Kommissionsvize Timmermans ist deshalb heute in Ankara.
Er wolle Druck in Ankara machen, kündigte Frans Timmermans an. Der erste Vizepräsident und damit zweitmächtigste Mann der EU-Kommission ist fest entschlossen, die Türkei an den gemeinsamen Aktionsplan zu erinnern, der im November in Brüssel mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu beschlossen wurde. In Ankara will Timmermans mit Vertretern der Regierung diskutieren, warum sich immer noch jeden Tag mehr als 1000 Flüchtlinge von der Türkei aus ungehindert auf den Weg nach Griechenland machen können.
Timmermans will Ankara an gegebene Versprechen erinnern.
Die Türkei sei durchaus dabei, den mit der EU vereinbarten Aktionsplan zur besseren Kontrolle der Seegrenze zu Griechenland und damit der Reduzierung der Flüchtlingszahl umzusetzen, betonte Timmermans. Die Kooperation mit den Regierungsbehörden in Ankara sei positiv. Der Kommissionsvizepräsident war im Vorfeld seines Ankara-Besuchs also spürbar um Diplomatie bemüht.
"Erste ermutigende Resultate"
Immerhin hatte die Türkei, wenige Stunden nachdem der Aktionsplan im November in Brüssel ausgehandelt war, 1300 Migranten festgenommen, um sie an der Weiterreise in die EU zu hindern. "Wir haben erste ermutigende Resultate gesehen. Aber wir sind weit davon entfernt, zufrieden zu sein", so Timmermans.
Der Wind oder die Polizei?
Zwar sind die Flüchtlingszahlen im östlichen Mittelmeer seit Anfang Januar rückläufig: Statt 16.300 Menschen pro Woche wie durchschnittlich im vergangenen Jahr kamen nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration in der ersten Januar-Woche etwa 9900 Migranten über die Türkei nach Griechenland. Dass die Zahl nach gesunken ist, liegt nach Einschätzung der EU-Kommission aber nicht primär an verstärkten Kontrollen entlang der türkischen Küste, sondern vor allem am starken Wind in der Ägäis. Dieser zwingt selbst Passagierfähren in die Häfen.
"Es muss mehr geschehen", mahnt Timmermans. "Es ist ziemlich klar, dass die Flüchtlingszahlen in den vergangenen Wochen relativ hoch geblieben sind." Die Türkei müsse die Effektivität ihrer Maßnahmen unter Beweis stellen. Und da gebe es nur ein Prüfkriterium: sinkende Flüchtlingszahlen.
EU sucht nach zwei Milliarden
Doch auch die EU nimmt den Aktionsplan mit der Türkei nicht sonderlich ernst. Bereits im November wurden Ankara drei Milliarden Euro Hilfszahlungen zugesagt, um die Grenzen besser zu kontrollieren und die türkischen Flüchtlingslager besser auszustatten. Eine Milliarde übernimmt die EU-Kommission. Woher die fehlenden zwei Milliarden kommen sollen, darüber streiten sich seit Wochen die 28 EU-Staaten.
Wie sagt doch Türkei-Besucher Timmermans: "Die EU kann die Flüchtlingskrise nur gemeinsam lösen."