SIPRI zum Waffenhandel Europa rüstet auf
Die europäischen Länder haben ihre Waffenimporte binnen fünf Jahren um fast 50 Prozent gesteigert. Das berichtet das Friedensforschungsinstitut SIPRI. Auffällig ist auch der starke Rückgang russischer Waffenexporte.
Der Angriffskrieg auf die gesamte Ukraine und die schon länger angespannten Beziehungen zwischen Europa und Russland spiegeln sich deutlich in den Statistiken des Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI wider. Zum einen ist die Ukraine im vergangenen Jahr weltweit der drittgrößte Importeur von Großwaffen geworden - hinter Katar und Indien. Das liegt vor allem an der umfassenden Militärhilfe durch andere Staaten.
Zum anderen hätten die europäischen Länder gemeinsam in den vergangenen fünf Jahren ihre Waffenimporte um knapp 50 Prozent gesteigert, so Pieter Wezeman von SIPRI. "Der Krieg in der Ukraine hat gezeigt, dass alle Formen von Waffen in moderner Kriegsführung gebraucht werden. Man braucht zum Beispiel Munition, U-Boote, Kampfflugzeuge, Transporthubschrauber, Radargeräte", sagt Wezeman. "Das versuchen die europäischen Länder jetzt anzuschaffen."
Bisher überwiegend Ablehnung von Kampfjet-Lieferungen
Die Ukraine fordert mehr Unterstützung - auch mit Kampfflugzeugen. Das lehnen viele europäische Staaten derzeit ab. Zu groß ist die Sorge vor einer Eskalation des Krieges. Wezeman sieht darin eine gewisse Doppelmoral. Denn die großen europäischen Exportländer wie Frankreich oder Deutschland verkauften solche Waffen schließlich in andere Konfliktregionen.
"Wenn Länder wie Deutschland oder Frankreich keine Kampfflugzeuge oder Langstreckenraketen an die Ukraine liefern wollen, diese aber gleichzeitig an Länder wie zum Beispiel Ägypten, Israel, Pakistan oder Indien verkaufen, dann kann man sich fragen, wie diese Exporte begründet sind und warum die Ukraine nicht die gleichen Waffen erhalten kann", so Wezeman.
Russland sucht nach neuen Handelspartnern
Auch Russland braucht mehr Waffen für die eigenen Streitkräfte. Das ist einer der Gründe, weshalb die Exporte des Landes in den vergangenen fünf Jahren um knapp ein Drittel zurückgegangen sind. Zusätzlich erschweren Sanktionen den internationalen Handel. Russland ist seit vielen Jahren zweitgrößter Waffenexporteur der Welt - nach den USA und vor Frankreich. Nun suche Russland dringend Handelspartner, so Wezeman. "Das Land hat viele Waffen verloren und muss diese ersetzen, dafür reicht die eigene Industrie nicht aus. Deshalb schaut man sich nach anderen Staaten um, die Russland mit Waffen versorgen könnten", sagt der SIPRI-Experte. "Die einzige politisch realistische Option ist China. Die große Frage ist, ob China dazu bereit ist."
Hier verschieben sich Geschäftsbeziehungen: Denn Russland war und ist zwar noch Chinas wichtigster Waffenlieferant. Doch in der Vergangenheit habe China selbst Wissen und Produktionskapazitäten ausgebaut, sodass die Importe aus Russland langsam abnähmen, so der SIPRI-Bericht.
Leichter Rückgang im weltweiten Waffenhandel
Asien und Ozeanien sind laut SIPRI weiterhin die wichtigsten Importregionen der Welt. Eine mögliche Bedrohung durch China oder Nordkorea führe in der Region bei einigen Ländern zu deutlich mehr Waffenkäufen - durch Südkorea und Japan zum Beispiel.
Insgesamt stellt SIPRI weltweit einen leichten Rückgang im internationalen Waffenhandel fest - vor allem wegen verringerter Importe in Afrika und Amerika. Die enorme Nachfrage nach Waffen aus Gebieten mit hohem Konfliktpotential wird der Rüstungsindustrie in vielen Ländern trotzdem volle Auftragsbücher bescheren.
Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI ist eine unabhängige Organisation, die jährlich Berichte beispielsweise zu Waffenhandel und Militärausgaben veröffentlicht.
Anmerkung der Redaktion: Aufgrund eines Übertragungsfehlers wurde versehentlich dieser Beitrag zum SIPRI-Bericht vom März 2023 erneut veröffentlicht. Die Berichterstattung über den Bericht, den SIPRI am 24. April 2023 veröffentlicht hat, finden Sie hier.